flugplaetze

Flugplatz Dessau – EDAD

Zweimal Weltkulturerbe und dazu große fliegerische 
Tradition: Mit Bauhaus, Wörlitzer Gartenreich und Junkers-Museum hat Dessau eine Menge zu bieten. Vom 6. bis 8. Juli lockt außerdem ein Flugtag

Von Redaktion
OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Keine Berge, kein Meer und bestimmt keine Weltmetropole – und dennoch lohnt es sich, Dessau anzufliegen. Immerhin ist es die einzige Stadt Deutschlands mit zwei Kulturstätten, die auf der Liste des Weltkulturerbes stehen: dem Bauhaus und dem Dessau-Wörlitzer Gartenreich. Aus der Luft bestimmt das Geschlängel der Elbe die Landschaft. Dort, wo die Mulde in die Elbe fließt, taucht die Stadt Dessau auf – ohne den historischen Stadtkern, der aus der Luft gut erkennbar wäre. Das alte Dessau ging leider im Bombenhagel 1945 fast vollständig unter. Einer der Gründe dafür, dass die Stadt ins Visier der Alliierten geriet, liegt in der für Piloten besonders interessanten fliegerischen Geschichte Dessaus begründet: Hier waren seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Junkers-Flugzeugwerke zu Hause.

Die alte Werksbahn, etwas südlich des heutigen Platzes gelegen, und der Windtunnel sind heute noch zu besichtigen. Die Flugzeuge, die Firmengründer Hugo Junkers legendär machten – das erste Ganzmetall-Verkehrsflugzeug F 13 und die Tante Ju (Ju 52) – wurden beide hier entwickelt, gebaut und geflogen. „Zum 150. Geburtstag von Hugo Junkers wurde der Werksflugplatz 2009 für einen Tag reaktiviert“, schwärmt Flugplatzleiter Peter-Christian Klein.

Junkers Flugzeugwerke in Dessau: F 13 und die Tante Ju (Ju 52) – wurden beide hier entwickelt, gebaut und geflogen

Auch heute kann man sich in die Vergangenheit versetzen lassen. Direkt am Flugplatz liegt das Technikmuseum Hugo Junkers. In der Museumshalle fällt eine wunderschön restaurierte Ju 52 auf. Auch eine F 13 ist zu sehen, ebenso einige Jets aus der Zeit bis 1952, als hier MiGs stationiert waren. Die Nachfolge der Russen trat eine NVA-Einheit an, aber 1979 wurd der Flugbetrieb gänzlich eingestellt. „Ohne die Segelflieger, die dafür sorgten, dass der Platz permanent eine gültige Genehmigung hatte, gäbe es den heutigen Verkehrslandeplatz wahrscheinlich nicht“, sagt Klein. Nach der Wende 1990 gründete sich der Fliegerclub Hugo Junkers Dessau e. V. und machte sich für eine Reaktivierung des Platzes stark.

Nach und nach wurde die Bahn auf 1000 Meter Länge saniert – der übrige Teil steht jetzt unter Denkmalschutz. Der neue Turm entstand aus einem ehemaligen Überwachungsturm der Transitstrecke; neue Hallen und ein Konferenzraum wurden eingerichtet. Der Platz liegt dicht an der Stadt – und die hat viel zu bieten. Hauptattraktion ist wohl das Bauhaus. Da gibt es durchaus eine Verbindung zur Fliegerei, denn die Förderung durch Hugo Junkers war einer der Gründe dafür, dass die von Walter Gropius 1919 gegründete Kunstschule Bauhaus im Jahr 1925 von Weimar nach Dessau umzog. 1926 wurde das Bauhaus-Gebäude fertig, in das die Schule zog.

Rundflieger: Der Doppeldecker Antonov An-2 wird am Flugtag Passagiere mitnehmen (Foto: Stephanie Keller)

Gleich in der Nähe liegen die Meisterhäuser, in denen die Lehrer lebten, die aber zugleich Musterhäuser für modernes Wohnen waren. Die Gebäude wirken immer noch absolut zeitgemäß und bezeugen, wie groß der Einfluss der Bauhaus-Bewegung auf Architektur und Design war und bis heute ist. Vom Flugplatz sind es nur zwei Kilometer bis zum Bauhaus Dessau. Auch in anderen Stadtteilen Dessaus finden sich Wohnhäuser, die von Bauhaus-Architekten entworfen wurden. Ein 17 Kilometer langer, ausgeschilderter Radwanderweg namens „Bauhaustour“ verbindet die Baudenkmale, die unbedingt sehenswert sind.

In den zwanziger Jahren fühlte sich das Bauhaus vom fortschrittlichen Geist angezogen, der Dessau immer wieder zum Ausgangspunkt von Reformbestrebungen und Innovationen in Wirtschaft, Kultur, Bildung und Gesellschaft machte. Zuvor hatte dies auch für Hugo Junkers bei der Wahl seines Firmenstandorts eine Rolle gespielt. „Eigentlich ist Fürst Franz Ursprung der fortschrittlichen Einstellung Dessaus“, erklärt Flugplatzleiter Klein. Leopold III. Friedrich Franz, Fürst und Herzog von Anhalt-Dessau, kurz Fürst Franz genannt, lebte von 1740 bis 1817. „Er vertrat bereits im 18. Jahrhundert reformistische Gedanken und brachte die Aufklärung in sein Reich, was das damalige Anhalt-Dessau zum modernsten Kleinstaat Deutschlands machte und auch die Wirtschaft ankurbelte“, weiß Klein zu berichten.

Gartenreich: Jedermann hatte freien Zutritt – und das gilt noch heute

Der Fürst sorgte für die Fertigstellung des zweiten Weltkulturerbes in Dessau: das Wörlitzer Gartenreich. Die Entwicklung des Gartenreichs begann bereits Ende des 17. Jahrhunderts mit der barocken Anlage in Oranienbaum, dem Schloss Mosigkau und dem Schloss und Park Luisium. Da aber Fürst Franz als Aufklärer den Barock ablehnte, entstand der erste englische Garten Deutschlands, zugleich eine landwirtschaftliche Nutzfläche nach damals modernsten Erkenntnissen. Das Gartenreich diente nicht der Unterhaltung der Hofgesellschaft, sondern verband das Schöne mit dem Nützlichen; es sollte Besucher erfreuen und belehren. Jedermann hatte freien Zutritt – und das gilt noch heute. Noch mehr Natur kann man im Biosphärenreservat Mittelelbe erleben, das auf halber Strecke zwischen Dessau und Wörlitz liegt.

Das Zentrum der Bewegung: Die Prinzipien der Bauhaus-Kunstschule beeinflussen Architektur und Design bis heute. Hier eines der Meisterhäuser (Foto: Stephanie Keller)

Insbesondere wenn man mit Kindern unterwegs ist, ist die Biberfreianlage besonders spannend. Um all diese wunderbaren Eindrücke aufnehmen zu können, sollte man mindestens einen ganzen Tag, besser ein Wochenende einplanen. Wer noch mehr erleben möchte, notiert sich den 6. bis 8. Juli im Kalender. Dann wird der Sachsen-Anhalt-Tag gefeiert, der in diesem Jahr mit dem 800-jährigen Jubiläum von Anhalt zusammenfällt. Auf dem Flugplatz gilt dann das Motto „Wir fliegen auf Anhalt!“ Selbstverständlich kann dann die Tante Ju der Lufthansa bewundert werden. Auch eine Antonov An-2 schwingt sich mit Passagieren in die Lüfte. Die Anreise per Flugzeug ist an den Festtagen problemlos möglich. Noch mehr Action am Himmel bietet Dessau vom 6. bis 11. August. Dann trainiert dort die deutsche Kunstflug-Nationalmannschaft in der Kategorie „Unlimited“. Es gibt also gleich mehrere gute Gründe, in Dessau zu landen.

Dessau – Tipps und Infos

Die Taxifahrt ins Zentrum kostet zirka 12 Euro. Fahrräder können für 6 Euro pro Tag gemietet werden; kürzere Zeiträume werden anteilig berechnet. Mietwagen sollten telefonisch vorbestellt werden.
Erste Anlaufstelle ist die Tourist-Information Dessau-Roßlau (www.dessau-rosslau-tourismus.de).Unterkunft Es gibt viel Auswahl. Historisches Ambiente bieten zum Beispiel das Hotel Elbzollhaus (www.elbzollhaus.de, DZ 58 Euro ohne Frühstück) oder die Pension Landhaus (www.landhaus-dessau.de, DZ 50 Euro ohne Frühstück).
Aktivitäten: Unbedingt zu empfehlen ist die Besichtigung des Bauhauses und der daneben gelegenen Meisterhäuser in Dessau-Roßlau; ebenso der (kostenlose) Besuch des Wörlitzer Gartenreichs etwa 20 Kilometer östlich der Stadt. Auch die Fahrt ins Biosphärenreservat Mittelelbe mit der Biberfreianlage lohnt sich sehr. In Dessau gibt es eine Segway–Tour, für die man auch vom Flugplatz abgeholt wird (www.segwaypoint-dessau-mildensee.de).

Text und Fotos: Stephanie Keller, fliegermagazin 7/2012