flugplaetze

Flugplatz Dolmar-Kühndorf

Schon der Anflug auf diesen Platz ist reizvoll – wie er so daliegt, am Hang. 
Und dann der Blick auf Rhön und Thüringer Wald! Doch es ist nicht nur 
die Natur, die den Dolmar zu einem ganz besonderen Fliegerberg macht

Von Peter Wolter

Der geplante Rotax-Artikel, Vergaser- gegen Einspritzmotor, ist weggebrochen – „bringen wir den Dolmar!“, schlägt ein Redaktionskollege vor. Doch als es nach Thüringen losgehen soll, von Schleswig-Holstein, kommt im Radio eine Unwetterwarnung für Niedersachen – erklär da mal deiner Freundin, die mithört, dass du in den Süden fliegen willst. Aber pc_met weiß es besser als NDR Info – also los! Im Westen verdichtet sich die Bewölkung, die Front kommt näher. Wenigstens Hildesheim …! Später fliege ich durch Schauer und um Gewitter herum – rechter Hand ist es seit dem Harz dunkel. Eisenach! Jetzt noch 40 Kilometer. Da wird es im Westen heller, die Bewölkung zieht ab, darunter kommt die Sonne zum Vorschein und das Ziel in Sicht. Als ob es ein neuer Tag wäre, beleuchtet das warme Abendlicht die grüne Hügellandschaft, aus der sich der Dolmar erhebt.

In einer weiten Rechtskurve mit wenig Gas um das Charlottenhaus herum, das auf dem Gipfel steht, weiter sinken in den rechten Gegenanflug zur Piste 04 und schließlich mit vollen Klappen auf die Schwelle zu – kurz landen! Da die 400-Meter-Bahn ansteigt, könnte ich mit meiner schwach motorisierten Tulak nicht durchstarten, jedenfalls würde ich es nicht wagen – ULs mit mehr Leistung können in der Senke hinterm Bahnende beschleunigen und sich nach rechts kurvend davonstehlen. Doch mein Aufsetzpunkt passt – die Steigung ist eine natürliche Bremse, sodass ich gleich hinter der Halbbahnmarkierung umdrehen und zur Abstellfläche rollen kann. Der Flug zum Dolmar war immer dramatisch. Als Zwischenstation auf dem Weg in den Süden bot sich der kleine UL-Platz an. Aber wenn man bis dorthin ein paar hundert Kilometer zurückgelegt hatte und Stunden lang in der Luft war, konnte das Wetter ganz anders sein als erwartet. Oder Gegenwind ließ das Ziel unerreichbar erscheinen.

Der Flug zum Dolmar war immer dramatisch

Beim ersten Besuch diente er mir als Ausrede für eine sehr späte Landung. Und einmal hätte mich Rückenwind bei einer langen Landung fast über das Pistenende hinausgeschoben. Kaum ausgestiegen, stellt sich am Dolmar jedoch immer Entspannung ein. Aus erhöhter Perspektive nehme ich die Weite der sanft gewellten Landschaft in mich auf, die sich zwischen Rhön und Thüringer Wald erstreckt. Hier muss nichts geschehen, damit man sich wohlfühlt, hier genügt das reine Dasein. Dieser Platz ist sonnig und warm, unabhängig vom Wetter, und wer aus der Luft kommt, findet nichts vor, was die Fliegerei mancherorts so unbehaglich macht: kalte Infrastruktur, autoritäre Regeln, Wichtigtuer. Der Mann, der diese Oase geschaffen hat, heißt Jürgen Schlütter.

Oase für Piloten: Am Dolmar geht’s locker zu. Gerade zu Besuch: Stephan Lampert (ganz links) 
mit seiner spektakulären UL-Me-108 (Foto: Peter Wolter)

Gleich nach der Wende begann der Sportlehrer aus Würzburg damit, im ehemaligen Grenzgebiet Drachenflieger auszubilden. Zwei Tage pro Woche am Gymnasium, die restliche Zeit Fliegerei – bis heute. Anfangs wurde auf einer kurzen Piste am Sportplatz des nahegelegenen Orts Kühndorf mit einem Trike geschleppt. Das war 1990. Der Bürgermeister begrüßte die Aktiviäten, schließlich sei der Dolmar ein traditionsreicher Fliegerberg, erzählte er, und mit der Wiederbelebung würde an eine große Vergangenheit angeknüpft. Davon zeugen zahlreiche Schwarzweiß-Fotos an den Wänden im Flugplatzrestaurant „Fliegerstüble“: Schon 1930 starteten Segelflieger vom unbewaldeten Südhang.

Vorbild war die Wasserkuppe, 40 Kilometer entfernt und später nicht nur geografisch im Westen. 1933 gründete man die „Dolmarfluggemeinschaft“, drei Jahre später gab es neben einer Flugzeughalle auch ein Wirtschaftsgebäude und Unterkünfte. Vor dem Krieg wurden Lastensegler-Piloten am Dolmar ausgebildet, und noch heute sind am Waldrand unterhalb des Gipfels, dort wo der Hang steiler wird, die Fundamente der ehemaligen „Göring-Halle“ zu erkennen. Bis 1968 fand auf dem Gelände Segelflug statt, gestartet wurde an der Winde und im F-Schlepp. Dann kamen die Russen mit ihren Panzern und nutzten den Berg als Truppenübungsplatz, bis 1991.

Landungen üben: Auch andere Flugschulen nutzen den Theorieraum und den Platz für ihre Ausbildung

Und das hinterließ Spuren, weshalb Jürgen Schlütter 1992 erstmal einen Streifen glattschieben lassen musste, als er auf dem Gelände eine UL-Piste anlegte. Die unbefristete Zulassung wurde 1995 erteilt, ein Jahr später entstand im Selbstbau ein Blechhangar, Konstruktion und Material kamen von Aeroflot aus der Ukraine. Ein Turm, der mal ein Horchposten war, ein Swimmingpool, eine Blockhütte, zuletzt ein zweiter Hangar – im Laufe der Jahre hat der umtriebige Platzbetreiber eine ansehnliche Infrastruktur geschaffen. Kernstück ist das Haus, in dem der 58-Jährige mit seinen beiden Söhnen wohnt. Der Clou: Es wurde um einen 6 mal 16 Meter großen Plattenbau aus der Russen-Zeit herumgebaut! Das ist wertvolle Bausubstanz, dachte sich der Pragmatiker, da kann man was draus machen. Neben den Privaträumen bietet das Gebäude Platz für Gästezimmer, das „Fliegerstüble“ sowie Büro und Unterrichtsraum der Flugschule Dolmar.

Auch andere Flugschulen nutzen den Theorieraum und den Platz für ihre Ausbildung. So kommt etwa die Flugschule Papillon von der Wasserkuppe rüber, um am Dolmar Motorschirmpiloten auszubilden – auf der „Waku“ würden sie den Verkehr bloß stören. Oder der Aero-Club Gelnhausen rückt zweimal im Jahr zum Trainingslager an, mit 15 bis 25 Piloten, einem halben Dutzend Maschinen und genauso vielen Fluglehrern. Dann wird geübt, so viel jeder will, mit Landungen bergauf und bergab, für die nicht einzeln gezahlt werden muss. „Das ist ja das Problem“, sagt Jürgen, „die Leute üben nicht, weil man sie über Landegebühren bestraft.“ Von der Flugleiterpflicht hat er seinen Platz befreien lassen: „Die Piloten müssen halt miteinander reden, aber einen Dritten am Boden – wozu?“ Trotzdem wird jede Landung registriert, und zwar von den Piloten selbst. Dazu gibt es im Restaurant ein PC-Flugbuch.

Kein Flugleiter: „Die Piloten müssen halt miteinander reden, aber einen Dritten am Boden – wozu?“

Wenn das Wetter passt, ist der Dolmar die ganze Saison über ein Schauplatz verschiedenster fliegerischer Aktivitäten. Für Starrflügel-Hängegleiter und UL-Segler fanden hier schon Jahrestreffen statt, neuerdings setzt Jürgen auf den F-Schlepp von Segelflugzeugen mit ULs. Aber auch ganz spontan treffen sich UL-Piloten am Dolmar, einfach so, weil es gut tut, hier zu sein. Da fragt der Bürgermeister von Kühndorf schon mal nach, warum er nicht über das „Event“ informiert worden sei, wenn am Sonntagmorgen 30 Dreiachser einfallen – und Jürgen zuckt mit den Schultern, weil er nichts von einem Event weiß: „Dolkosh ist hier an jedem schönen Wochenende. Die spontanen Treffen sind oft die besten.“

Der Tag geht, die Atmosphäre bleibt: Die letzten Maschinen sind hangariert – langsam kehrt auf dem Gelände Ruhe ein (Foto: Peter Wolter)

Heute brauche ich keine anderen Piloten, um mich für den Rest des Tages wohlzufühlen. Nach dem Abendessen im „Fliegerstüble“ wandere ich über das weitläufige Wiesengelände hinauf zum Gipfel. Dort steht das Charlottenhaus, das 1882 als Schutzhütte erbaut wurde. In den Nachkriegsjahren nutzten es die Segelflieger als Unterkunft. Nachdem die russischen Streitkräfte abgezogen waren, wurde es neu errichtet und im Jahr 2000 als Restaurant mit Gästezimmern wieder eröffnet. Die Rundumsicht von hier, aus 740 Metern, ist traumhaft. Im Westen reicht sie sogar bis zur Wasserkuppe, erkennbar an der weißen Radarkuppel. Vom Dolmar aus ist der berühmte Fliegerberg in der Rhön ein attraktives Ziel, vor allem das dortige Segelflugmuseum.

Dolmar-Kühndorf – Tipps und Infos

Unterkünfte: Am Flugplatz stehen drei einfache Gästezimmer mit Doppelbett zur Verfügung; Preis: 20 Euro pro Person und Nacht. Außerdem gibt es Wohnanhänger für bis zu vier Personen pro Wagen und eine Blockhütte mit zwei Eingängen und zweimal sechs Schlafgelegenheiten. Wagen und Hütte kosten 10 bis 15 Euro pro Person, je nachdem ob die Gäste Schlafsäcke mitbringen und geheizt werden muss. Stellplätze für Wohnmobile und Wohnwagen sind ebenfalls vorhanden.
Aktivitäten: Am Dolmar bekommt man Lust aufs Wandern – wenigstens bis zum Gipfel (740 Meter), wo das Charlottenhaus steht (www.berggasthof-charlottenhaus.de). Der Gasthof liegt am Rhön-Rennsteig-Wanderweg, der sich für Touren durch das Hügelland anbietet. Die nächste Stadt ist Meiningen, zirka fünf Kilometer entfernt, erreichbar per Taxi (Telefon 03693/50 29 29); oder man leiht sich von Platzbetreiber Jürgen Schlütter ein Auto („Man muss halt miteinander reden“).


Meiningen ist unter anderem bekannt für das Südthüringische Staatstheater (www.das-meininger-theater.de), das Reichsbahnausbesserungswerk (www.dampflokwerk.de), das sich mit der Restaurierung historischer Dampfloks beschäftigt, sowie das Erlebnis-Bergwerk Merkers (www.erlebnisbergwerk.de), wo bei Kriegsende die gesamten Gold- und Devisenbestände der Reichsbank und wertvolle Kunstwerke einlagerten.
Ein Ausflug zur 40 Kilometer Wasserkuppe führt vom Dolmar in Richtung 251 Grad. Sehenswert ist hier u. a. das Segelflugmuseum (www.segelflugmuseum.de). In EDER gilt für ortsfremde Maschinen nur eine Landerichtung (24) und ein begrenztes Tageskontingent. PPR: Telefon 06654/364, Anfluginformationen: www.fliegerschule-wasserkuppe.de/ultraleicht/ppr-anfluginfo.html

fliegermagazin 8/2012