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Flugplatz Herzogenaurach – EDQH

Schon wegen der Factory Outlets von Adidas und Puma lohnt sich ein Besuch 
der fränkischen Kleinstadt. Aber auch Kulturinteressierte kommen hier ins Staunen

Von Redaktion

Unaussprechlich für die US-Soldaten, die 1945 den Fliegerhorst der deutschen Wehrmacht übernahmen: „Herzogenaurach“. Der sperrige Name der mittelfränkischen Kleinstadt wurde zu Herzo Base gekürzt, und so heißt der Ortsteil noch heute, 20 Jahre nach dem Abzug der Amerikaner. Nur ein Jahr nutzte die U. S. Air Force die auf 2000 Meter verlängerte Piste der Reichsluftwaffe unweit des heutigen Verkehrslandeplatzes EDQH, es waren Jäger wie die P-51 Mustang und Bomber wie die Martin B-26 stationiert. 1946 wurde eine Lauschstation eingerichtet, die bis tief in den ehemaligen Ostblock hinein horchte. Heute ist Herzogenaurach weltbekannt und sogar in den USA gebräuchlicher als Herzo Base. Das verdankt die 24 000-Einwohner-Stadt vor allem den Sportartikelherstellern Adidas und Puma. Bereits 1949 gründeten die Brüder Adolf („Adi“) und Rudolf Dassler hier eine Sportschuhfabrik. Sie entzweiten sich jedoch, und Rudolf schuf die Konkurrenzfirma Puma.

Beide entwickelten sich zu globalen Unternehmen und machten ihre Heimatstadt zu einem weltbekannten Begriff, vor allem unter Sportlern. Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 logierte und trainierte hier die argentinische Nationalmannschaft. In diesem Frühjahr bereiteten sich die deutschen Damen auf ihre Fußball-WM im eigenen Lande vor. Praktisch für Piloten: Beide Firmensitze liegen in Sichtweite des heutigen Verkehrslandeplatzes. Der wurde 1961 vom Aero-Club Herzogenaurach mit tatkräftiger Unterstützung der Amerikaner neu gebaut, unweit der ehemaligen Militärbahn. Das knallrote neue Puma-Gebäude bietet eine willkommene Orientierungshilfe bei Tageslicht, die riesige Leuchtwand über dem Eingang zum Adidas Factory Outlet ist eher gegen „Sunset +30“ nützlich, da die Piste beim nördlichen Gegenanflug erst spät hinter einem Wäldchen auftaucht.

Das knallrote neue Puma-Gebäude bietet eine willkommene Orientierungshilfe bei Tageslicht

Das Gelände ist – nach fränkischer Mundart – „brettleben“. Und für den Anflug unproblematisch, im Gegensatz zu einigen Anwohnern mit viel Zeit für die Luftraumbeobachtung. Präzision in der Platzrunde verhilft dem Flugleiter zu einem ruhigeren Tag. Mit 700 Metern bietet die Asphaltpiste alle Voraussetzungen für stressfreien Flugbetrieb. Piloten von Leichtflugzeugen, die an einem heißen Sommertag vollbesetzt rauskommen möchten, müssen bei der Berechnung der Startstrecke allerdings die Platzhöhe von gut 1000 Fuß über MSL einkalkulieren. Nach der Landung werden Gäste und Flugzeug zum Parkplatz vor dem Biergarten dirigiert. Hungrige sollten unbedingt an einem Tisch mit Blick auf die Piste Platz nehmen. Die Trattoria La Bussola bietet eine Pizza, deren Bearbeitung strategisches Geschick erfordert, weil sie die wirklich nicht kleinen Teller noch um einiges überragt. Esser mit großem Hunger schaffen sie ganz, die anderen lassen sich den Rest als „Doggy-Bag“einpacken oder teilen sie gleich mit ihrem Copiloten.

Sehenswerte Solitäre: Fachwerkbau des Alten Rathauses (Foto: Helmut Lage)

Montags ist jedoch geschlossen, und an anderen Tagen sollte man früh genug eintreffen, bevor die Belegschaften der umliegenden Firmen zur Mittagspause einfallen. Das attraktive Ambiente und die gute Küche haben sich herumgesprochen. Nach einem Spaziergang von zehn Minuten erreicht man Haltestellen des „Herzo Bus“. Auch hier hat sich – ganz offiziell – das amerikanische Kürzel gehalten, ebenso wie bei Herzo Bad und den Herzo Stadtwerken. Nur die Flugleitung wird mit „g“ gerufen: Herzog Info. Drei Haltestellen, und man hat die historische Altstadt mit mittelalterlich geprägtem Flair und Fachwerkbauten erreicht, Zeugen einer eintausendjährigen Historie. Wer sich authentisch in die Vergangenheit zurückversetzen lassen möchte, sollte das letzte Wochenende im Juli vormerken und sich beim Mittelalterfest von der vergangenen Epoche verzaubern lassen. Überhaupt feiern die Mittelfranken gern. So wird Ende Juni ein Altstadtfest geboten, eine Sommerkirchweih im Juli und eine Martinikirchweih im November.

Die Altstadt ist überschaubar und gut zu Fuß zu bewältigen

Aber auch ohne Festivitäten bietet Herzogenaurach viel Sehenswertes. Das barocke Schloss aus dem 18. Jahrhundert mit Graben und Relikten der alten Umwehrung ist mit Restaurant und Ratskeller für jeden zugänglich. Wahrzeichen sind die beiden 28 Meter hohen Türme der alten inneren Stadtbefestigung. Das Herzogenauracher Stadtmuseum lädt in einen eindrucksvollen Fachwerkbau ein, dem Pfündnerspital, in dem von 1508 bis ins 20. Jahrhundert alte Menschen bis an ihr Lebensende versorgt wurden. Die Stadtpfarrkirche St. Magdalena beeindruckt mit einem gewaltigen hölzernen Tonnengewölbe, dem mächtigsten in Franken. Eigentlich im hochgotischen Stil erbaut, wurde das Gotteshaus bei seiner letzten Restaurierung vor 70 Jahren wieder mit barocker Ausstattung bestückt. Wer es lieber moderner mag: Die evangelische Kirche wurde nach Umbauten und Erweiterungen im letzten Jahr fertiggestellt und verleiht der Silhouette der Stadt mit ihrem zentralen Turm einen ganz eigenen Akzent. Die Altstadt ist überschaubar und gut zu Fuß zu bewältigen.

Leichte Landung: Die Piste ist etwas versteckt neben einem Wäldchen, doch gut anzusteuern (Foto: Helmut Lage)

Neben den historischen Bauten bietet sie auch moderne Geschäfte aller Branchen und selbstverständlich Restaurants. Der Franke an sich geht gern essen: bodenständig, deftig und durchaus üppig. Ein Schäufele mit Kloß oder eine Haxe mit Rotkohl darf es gern sein. Wer vorher schon am Flugplatz die Pizza hatte, wird das wohl nicht schaffen. Lassen Sie sich beim Verlassen des Stadtkerns in östlicher Richtung nicht von der Straße „Zum Flughafen“ in die Irre leiten. Sie führt keineswegs zum Platz, für den der Begriff Flughafen wohl auch etwas überdimensioniert wäre, dafür aber zur Herzo Base – wo sich allerdings auch noch nie eine Einrichtung befunden hat, die dieser Bezeichnung würdig gewesen wäre. Dort findet man aber die Factory Outlets beider Sportartikelfirmen. Schon während des Einkaufs kann man sich wenigstens vornehmen, die frisch angefutterten Kalorien beim Joggen oder Tennisspielen wieder abzuarbeiten.

Herzogenaurach – Tipps und Infos

  • So kommt man hin: Der in Nord-Südrichtung verlaufende Main-Donau-Kanal ist eine perfekte Leit- beziehungsweise Auffanglinie. Von dort, wo er die Stadt Erlangen passiert, gelangt man nach drei Meilen auf Kurs 270 Grad zur nördlichen Platzrunde. Funknavigatorisch nutzbar sind ERL (114,90 MHz, R 246°, 12 DME) oder NUB (115,75 MHz, R 305°, 8 DME). Der Luftraum C von Nürnberg beginnt hier in 3500 Fuß.
  • Unterkunft: Gasthof St. Hubertus, Tel.: 09132/95 95, DZ zirka € 60;Gästehaus Herzogenaurach, Tel.: 09132/787 90, DZ zirka € 87; Hotel Herzogspark, Tel.: 09132/77 80, DZ zirka € 169
    Weitere Unterkünfte unter www.herzogenaurach.de
  • Aktivitäten: Für eher sportlich Orientierte lohnt sich ein Besuch im Erlebnisbades „Atlantis“ neben dem Endanflug auf die Piste 08. Nürnberg, Fürth und Erlangen liegen jeweils etwa zehn Kilometer entfernt und sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Zeitsparender ist ein Taxi, Telefonnummern findet man auf einem Bildschirm im Flugvorbereitungsraum. Ob bei An- oder Abreise: Ein Rundflug über die Fränkische Schweiz mit ihren sanften Hügeln, aber auch markanten Taleinschnitten und schroffen Felshängen bietet herrliche Ausblicke sowie bei guter Sicht im Osten das Panorama des Fichtelgebirges und im Norden den Thüringer Wald.

Text: Helmut Lage, fliegermagazin 10/2011