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Flugzeug-Reportage: Eine Me 109 aus dem Nichts

Am schwäbischen Flugplatz Albstadt war Mitte August eine ganz besondere Premiere zu erleben: Eine in mehrjähriger Arbeit restaurierte Me 109 G-4 mit originalem DB-605-Triebwerk hob zu ihren ersten Erprobungsflügen ab

Von Redaktion

Weitgehend von der Szene unbemerkt, hat eine flugfähig restaurierte Me 109 am 23. August diesen Jahres ihren Erstflug mit Bravour gemeistert. Die am Flugplatz Albstadt stationierte Me 109 vom Typ G-4 wurde nach siebenjährigem aufwändigen Wiederaufbau fertiggestellt. Eine dreiköpfige Haltergemeinschaft hat dieses gewaltige Projekt realisiert und dabei auf jedes Detail geachtet. So befeuert ein originaler Daimler-Benz DB 605 mit 35,7 Litern Hubraum, zwölf Zylindern und 1475 PS die 109 und lässt bei allen Motorenfreaks das Herz höher schlagen. Walter Eichhorn, derzeit einziger Pilot in Deutschland, der dieses Powerpaket fliegen darf, erklärte sich bereit, den Erstflug zu übernehmen. Gegen Abend, nachdem die Me nochmals komplett gecheckt wurde, war es dann endlich soweit. Bei zahlreichen Zaungästen stellten sich die Nackenhaare auf, als nach anfänglichem Tuckern der gewaltige DB 605 mit seinem charakteristischen Röhren aufbrüllte.

Endlich geschafft: Die 109- Halter und Freunde freuen sich über den Erstflug

Nach zweimaligem Abrollen der Startbahn auf dem abfälligen Gelände wurde die bekanntlich nicht leicht zu startende Maschine von Walter Eichorn mit viel Gefühl ihrem Element übergeben. Allerdings nur für kurze Zeit, denn bereits zehn Minuten später entschied er sich, die Messerschmitt mit leichtem Rückenwind gegen den Berg zu landen. Der kommende Tag brachte dann noch einmal eine Geduldsprobe für Eigner wie Piloten: Geplant war, zu diesem Termin zumindest noch einen Flug durchzuführen. Vormittags machte aber das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Erst am Nachmittag klarte es auf, sodass Eichhorn zum zweiten Flug starten konnte, der ebenfalls ohne Probleme verlief und mit einer gelungenen Dreipunktlandung seinen Abschluss fand.

Für die Warbird-Fangemeinde dürfte es dieses Jahr also noch etwas werden mit einem „goldenen“ Herbst: Eventuell bereits im Oktober könnte die Messerschmitt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, spätestens aber wohl zur Flugsaison 2005. Jetzt werden erst einmal Fragen auf das Halter-Trio hereinprasseln: Woher kommen die Zelle und der Daimler-Benz? Wieviel an der Maschine ist original, stammen Teile der G-4 auch von spanischen Lizenbauten? Ausdauer wird bei diesem Frage-Antwort-Spiel wohl nötig sein. Dass bei der Instandsetzung mit viel Liebe zum Detail gearbeitet wurde, kann man schon am Erscheinungsbild der „Roten Sieben“, so das taktische Zeichen des Jägers, ablesen. Das Tarnschema ist originalgetreu, ebenso sind die Balkenkreuze und die Verbandsmarkierungen in ihrer Dimensionierung und Ausführung authentisch.

Soviel lässt sich auf den ersten Blick sagen: Die Messerschmitt ist einem Jäger der II. Gruppe, 5. Staffel, eines Verbandes der Reichsverteidigung nachempfunden. Ersteres ergibt sich aus der roten Ziffer und dem roten Querbalken, letzteres aus dem Tarnschema, den weißen Wingtips und dem weißen Rumpfband. Dieses Rumpfband deutet darauf hin, dass es eine Maschine des JG 3 sein könnte. Die G-Reihe mit dem Spitznamen „Gustav“ wurde 1942 in Dienst gestellt und in größeren Stückzahlen gebaut als alle anderen 109-Varianten. Für die drei Halter – Motorenspezialist Siggi Knoll, ein Airline-Kapitän und ein selbständiger Geschäftsmann – werden aber wohl erst die nächsten Monate so richtig spannend: Dem Trio wird der Ehrgeiz nachgesagt, die 109 auch eigenhändig fliegen zu wollen. Und da alle drei routinierte Piloten mit ausgiebiger Kunstflugerfahrung sind, wird Walter Eichhorn als Einweiser auf die Me wohl noch einiges zu tun bekommen.

Text: hte/mw/js; fliegermagazin 10/2004

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