UL-Helikopter Dynali H3: Spaßige Stoppelhopser
Die belgischen UL-Hubschrauber von Dynali sehen minimalistisch und zerbrechlich aus. Beim näheren Hinsehen zeigt sich, dass es diese Spaßflieger wirklich in sich haben.
Ausgerechnet in dem Land, das Zulassungen von ultraleichten Hubschraubern permanent blockiert, sitzt und produziert Europas größter Hersteller ultraleichter Hubschrauber: die Dynali Helicopter Company sitzt in Belgien.
Seit 15 Jahren ist das Unternehmen mit der Entwicklung ultraleichter Hubschrauber befasst. Das erste Erfolgsmodell war der H2S, angetrieben vom 180 PS starken DS25 von Subaru. Er war mit 700 Kilogramm MTOM zwar kein UL im heutigen Sinn, aber für damalige Verhältnisse schon ein Leichtgewicht mit beachtlicher Performance. Firmeninhaber und Geschäftsführer Thierry Blanchart hatte die Ultraleichten aber schon im Blick: Er setzte das Entwicklungsziel auf eine maximale Startmasse von 450 Kilogramm. Das Nachfolgemodell H3 war geboren.
Dynali H3: Deutsche Musterzulassung noch in Arbeit
Obwohl die deutsche Musterzulassung für den H3 sport derzeit noch in Arbeit ist: International fliegen schon über 200 Exemplare. Beim Besuch des Werks in Thines, 30 Kilometer südlich von Brüssel empfängt mich Francis Huchette. Er ist Leiter der Entwicklung sowie Fluglehrer und führt mich durch das 4500 Quadratmeter große Firmengebäude, das überall einen außerordentlich aufgeräumten Eindruck macht. „Hier produzieren wir 90 Prozent aller Einzelteile unserer Hubschrauber“, erklärt er stolz. „Wir, das sind 22 Menschen, die pro Jahr 35 Helis bauen“.
In der Schweißabteilung, einem von insgesamt fünf Produktionsabschnitten, bleiben wir stehen. Der Rahmen des Dynali H3 besteht aus geschweißten Stahlrohren mit 25 Millimeter Durchmesser. Die besondere Stahllegierung T45 hat eine sehr hohe Festigkeit, wodurch insgesamt fünf Kilogramm Material eingespart werden können. Um Haarrisse rechtzeitig zu erkennen, ist das Rohrsystem mit Stickstoff gefüllt. Sensoren melden einen etwaigen Druckabfall an den Bordcomputer.
Eigenentwicklung: Auf der Motorabdeckung steht Dynali
Der nächste längere Stopp folgt in der Motorenabteilung. Mir fällt auf, dass auf den Zylinderdeckeln nicht mehr Rotax, sondern Dynali steht. Frühere H3 wurden vom Rotax 912 ULS angetrieben und waren mit den 100 PS, wie ich damals bei Testflügen selbst feststellen musste, einfach zu schwach motorisiert. „Wir haben den gesamten Motorensektor abgesucht“, erklärt Francis, „aber kein Aggregat gefunden, das die für einen Hubschrauber erforderliche Betriebssicherheit bieten konnte“.
Im Gegensatz zum Flächenantrieb müssen die Kolbenmotoren der Hubschrauber über Stunden Volllast liefern können. Der Not gehorchend ist Dynali zwar bei Rotax geblieben, baut aber den Motor fast komplett um. Die Kurbelwelle wird gewuchtet und neu gelagert, Kolben und Zylinder durch größere ersetzt und eine elektronische Motorsteuerung von MoTeC eingebaut. Derart modifiziert leistet der Rotax 912 ULS-I-BB bis zu 135 PS bei 5800 rpm und 30 inch Hg Ladedruck. Auf einem Prüfstand muss jeder Motor in einem fünfstündigen Testprogramm seine Tauglichkeit unter Beweis stellen.
Vorflugcheck: Der Dynali H3 wartet auf seinen Einsatz
Draußen auf der Platte wartet ein H3 auf seinen Einsatz. Ein Mitarbeiter meldet, dass der Tank mit 30 Litern halb gefüllt ist, der Ölstand passt und der Motor bereits Betriebstemperatur hat. Trotzdem stellt mir Francis alle wichtigen Komponenten vor. Wir beginnen beim Motor, der seine Leistung über vier Keilriemen an das Hauptgetriebe überträgt. Zum Kraftschluss, also um den Hauptrotor „einzukuppeln“, wird der gesamte Motorblock über einen elektrischen Antrieb um bis zu fünf Zentimeter nach unten gekippt. Das regelt die ECU (electronic control unit).
Zwei redundante Push-Pull-Kabel für die Blattverstellung am vierblättrigen Heckrotor und die siebenfach gelagerte Welle zu dessen Antrieb verlaufen innerhalb des 3,20 Meter langen Auslegerrohrs. Der H3 sport besitzt keine Türen, sondern die gesamte Kabinenverglasung wird nach vorne aufgeklappt. Dadurch ist das Einund Aussteigen auch für große Menschen sehr bequem. Es stört auch kein Steuerknüppel, denn Dynali verbaut ein T-förmiges Doppelsteuer, wie man es von Robinson kennt. Da beide Steuergriffe senkrecht hochgestellt werden können, bleibt man auch beim Anlegen der Gurte nirgends hängen. Ich freue mich, dass meine langen Beine reichlich Platz haben und ich auch mit Headset nicht an der Decke anstoße.
Ausgefeilte Warnsysteme
Ein einfacher Drehverschluss verriegelt auf beiden Seiten die Kabine. Meine Sitzposition ist bequem, ich erreiche gut alle Steuerund Bedienelemente und habe in der 1,30 Meter breiten Kabine keinerlei Körperkontakt zu meinem Nebenmann.
Vor dem Anlassen nehme ich mir Zeit zur Orientierung im Cockpit. Im Instrumentenpilz dominiert ein großes iEFIS-Display von MGL Avionics, ein elektronisches Fluginstrumentensystem, dessen Anzeige individuell programmierbar ist. Aktuell stellt es auf einer Seite alle Drehzahlen, Drücke, Temperaturen und Geschwindigkeiten in unterschiedlichen Informationsund Warnfarben dar. Per Knopfdruck am Steuerhorn kann man zum Beispiel auf die Navigationsseite umschalten. Oberhalb des Bildschirms sind acht LED-Leuchten angeordnet, die die Zustände von Treibstoff, Öl, Kupplung, Governor, Chipdedektoren und Gasdruck im Rohrrahmen anzeigen.
Nach Checkliste: Über die Schalter am Panel startet man den Motor
Auf dem unteren Panel liegen der Hauptschalter, die Schalter für Batterieund Zündkreise, Funkgerät und Transponder. Darüber sind zwei Reihen mit je fünf Tastern installiert, die je weils grüne, gelbe und rote LEDs besitzen. Gemäß Checkliste schalte ich Hauptschalter und die beiden Batteriekreise ein. Alle LEDs leuchten grün, nur die Kupplungsanzeige und die Öldrucklampe bleiben rot; der Governor zeigt gelb, weil er inaktiv ist.
Dann drücke ich die Anlasser-Taste, der Motor springt an und läuft sofort rund. Der Öldruck zeigt schon grün und weil das Öl bereits wärmer als 30 Grad Celsius ist, kann ich die Taste „Rotor On“ drücken. Der Bordcomputer sorgt nun dafür, dass die Keilriemen gespannt werden und der Rotor anläuft. Es folgen jetzt noch der Magnetcheck und einige hubschraubertypische Prüfungen. Da alle Systeme ihr farbiges Ok geben, kann ich mittels Drehgas die Motordrehzahl auf 100 Prozent hochfahren. Wir sind startklar. In dieser gesamten Phase, und übrigens auch später während meiner Flüge, hat es keinerlei auffällige Vibrationen gegeben.
Trockenübung: Unter Aufsicht des Fluglehrers üben wir im Windschatten der Montagehalle
Da sich das Dynali-Rotorsystem im Uhrzeigersinn dreht, erwarte ich beim Abheben ein Ausbrechen nach links und halte beim Ziehen des Kollektivhebels gleich leicht nach rechts vor. Es dauert ein paar Minuten, bis der stationäre Schwebeflug und das weiche punktgenaue Absetzen auf der Landemarkierung zur Zufriedenheit meines Fluglehrers klappt. Noch befinden wir uns im Windschatten der Montagehalle, aber jetzt schwebe ich hinaus aufs freie Feld, wo ein strammer Nordwind mit 26 Stundenkilometern weht.
Nachdem ich mich einigermaßen an das Leichtgewicht gewöhnt habe, versuche ich 360-Grad-Drehungen um die eigene Achse. Dabei zeigt sich, ob 135 PS ausreichend sind. Bei Drehungen in Rotordrehrichtung muss der Motor gegen das Gegendrehmoment des Rotors ankämpfen und braucht dazu mehr Kraft als anders herum. Und noch viel mehr braucht er, wenn dann auch noch der Wind von links kommt und auf den Heckausleger drückt. Für eine volle Rechtsdrehung muss ich nun das rechte Pedal sehr weit durchtreten. Ein Zeichen, dass die Leistungsgrenze naht. Jetzt ziehe ich auch noch beherzt am Kollektiv, um in der Drehung senkrecht wegzusteigen. Da warnen heftige Vibrationen im Kollektivhebel spürbar vor einer Motorüberlastung – das Warnsystem des „Collective Shaker“ hat angeschlagen. Es gibt noch weitere Sicherheitsfeatures. So ist beispielsweise die Startertaste gesperrt, wenn die Benzinpumpe nicht eingeschaltet ist; LEDs können auffällige Blitzsignale erzeugen und es gibt Alarmtöne und Warnansagen im Kopfhörer.
Autorotation: Übung des Ernstfalls
Während eines kleinen Überlandflugs kann ich die angegebene Steigfähigkeit von 1000 ft/min bestätigen und erreiche innerhalb der Limits auch 162 km/h Fahrt. Bei der Rückkehr zum Hangar möchte ich noch die Autorotation ausprobieren. Francis empfiehlt eine Speed von 90 km/h. In 1000 Fuß über Grund schaltet er mit dem Ausruf „engine failure“ den Governor aus und dreht die Motorleistung weg. Ich drücke sofort den Kollektiv nach unten und nehme mit dem Steuerhorn die empfohlene Geschwindigkeit ein. Zusätzlich muss ich mit dem Kollektiv dafür sorgen, dass die Rotordrehzahl bei 100 Prozent bleibt. Bei zu großen Abweichungen meldet sich sofort der Collective-Shaker.
Mit den Pedalen steuere ich auf ein günstiges Landefeld mit Wind von vorne zu. So segeln wir im Leerlauf, aber gut steuerbar, der Erde entgegen. In geschätzten zehn Metern Höhe möchte Francis gerne die Einleitung des Abfangbogen sehen. Durch gefühlvolles Ziehen am Steuerknüppel wird Fahrt und Sinkgeschwindigkeit reduziert, wobei dann ein Hubschrauber die Nase kurzfristig etwas hochnimmt. Die im Rotorsystem noch vorhandene kinetische Energie nutzt man durch Anheben des Kollektivs, um weich aufzusetzen. Francis möchte aber die Kufen schonen und gibt deshalb kurz vor Bodenberührung wieder Gas zum Recovern. Im Abfangbogen habe ich festgestellt, dass trotz der leichten Alublätter die Rotordrehzahl nicht schnell zusammenbricht, wodurch der Pilot einen relativ großen Sicherheitsspielraum hat.
Dynali H3 open: Die offene Version für warme Länder
Es war sehr interessant, mit dem nur 312 Kilogramm schweren H3 sport zu fliegen. Aber das Sahnestückchen habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben: offenes Hubschrauberfliegen. Dynali bietet für warme Länder den H3 open air an, bei dem nur eine hochgezogene Windschutzscheibe vor Fahrtwind schützt. Dieses Gerät ist fast baugleich mit dem „sport“ – lediglich der Tank wurde zweigeteilt und sitzt seitlich rechts und links unten. Trotz 26 Grad Außentemperatur empfiehlt mir Francis eine warme Jacke – und er hat recht.
Also dann: einsteigen, anschnallen, anlassen und ab in die Luft. Obwohl nach oben offen kommt nur Fahrtwind von unten herein und nichts von oben herunter, weil der Downwash erzeugende Rotorbereich nicht über dem Cockpit liegt. Es macht ungeheuren Spaß, besonders im bodennahen Bereich die Wendigkeit des Hubschraubers auszuprobieren. Alle Steuereingaben erfordern nur ganz wenig Kraft und werden verzugslos umgesetzt. Leider kommt dann aber irgendwann das gelbe Warnlicht, weil nur noch 15 Liter Treibstoff vorhanden sind: Wir müssen zurück zum Werk.
Flugsicherheit und Bedienkomfort: Der Dynaly H3 verbindet beides
Dort wartet Michael Khader, der Vertriebsingenieur, auf uns und fragt mich nach meinen Eindrücken. Ich kann ihm ein positives Feedback geben, denn mich haben beide Hubschrauber nicht nur fliegerisch überzeugt. Die Verbindung von aktiver Flugsicherheit mit Bedienkomfort ist Dynali gut gelungen. Die H3-Serie macht optisch zwar einen filigranen Eindruck – im Flug stellt sich aber schnell heraus, dass es sich um voll durchdachte Fluggeräte handelt.
„Sobald wir die deutsche Musterzulassung als UL-Hubschrauber besitzen“, prophezeit Michael, „werden wir den H3 sport für 180000 Euro auf den Markt bringen und damit ultraleichtes Hubschrauberfliegen bezahlbar machen“. Mein Fazit vom Tag: Denali baut wendige und einzigartige Hubschrauber, die richtigen Spass machen.
Text & Fotos: Tony Ganzmann
- 6,00 m
- 7,80 m
- 1,30 m
- 312,5 kg
- 500/530 kg
- 60 l (optional 80 l)
- modifizierter Rotax 912 ULS, 4 Zylinder, Boxer, 1600 ccm, 135 PS bei 5800 rpm
- 17 l/h
- 130 km/h
- 165 km/h
Toni Ganzmann hat europäische und amerikanische Fluglizenzen für Hubschrauber, Motorflugzeuge und Luftsportgeräte und ist als SPL- und PPL-Fluglehrer (FI) und PPL-Flugprüfer (FE) tätig. Professionelle Flugerfahrung erwarb er bei den Heeresfliegern der deutschen Bundeswehr und beim Offshore-Service in den USA. Für das fliegermagazin ist er als freier Autor tätig.
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