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UL-Pilot-Report: Comco Ikarus C42 C

Aufregend, anspruchsvoll und eine der schnellsten – all das drängt sich nicht gerade auf, wenn man an den UL-Bestseller C42 denkt. Der Rohr-Tuch-Hochdecker punktet aber dennoch, nur eben mit anderen Qualitäten

Von Redaktion
UL-Pilot-Report: Comco Ikarus C42 C

Seit fast 15 Jahren fliege ich Luftsportgeräte, von Beginn an allein mehr als 500 Stunden auf C42 – erst in der Variante A und seit vielen Jahren auf einer „B“. Okay, ich gebe zu: Die allererste Zeit habe ich diesen „Zeltflieger“ nicht ganz für voll genommen, gab es doch viele tolle Verlockungen. Und wie bei der Damenwahl sind Männer auch bei der Wahl eines Flugzeugs selten rational. Schnittiges Aussehen, vermeintlich moderne Kunststoff-Bauweisen (oft mit Spachtel) oder gar Racer-Geschwindigkeiten jenseits der 200 km/h – so etwas fasziniert junge und jung gebliebene Flieger. Auch mich, denn meine anderen fast 500 Stunden bin ich meist auf solchen schnellen Mustern geflogen.

Erst mit der Zeit beginnt man dann die wahren inneren Werte zu schätzen – bei Flugzeugmustern wie auch Frauen. Und bevor ich von der Damenwelt verprügelt werde: Ich denke, dass es ähnliche Bewertungsmuster auch bei Pilotinnen geben wird. Vermutlich sind wir Flieger nun mal so, egal ob nun männlich oder weiblich. Was die C42 betrifft: Sie ist aus meiner Sicht eine Maschine für Genussflieger, bei denen der Weg das Ziel ist. Ein Schlüssel zum Erfolg des Musters, das es bei insgesamt über 1200 gebauten Exemplaren zum, wie der Hersteller sagt, „meistgekauften Flächen-UL in Deutschland“ macht, ist ganz sicher seine Vielseitigkeit.

C42: Sie ist aus meiner Sicht eine Maschine für Genussflieger, bei denen der Weg das Ziel ist

Sehr viele individuelle Flugzeugkonfigurationen sind machbar und bereits im Kennblatt eingetragen – da sollte fast für jeden Piloten etwas dabei sein. Zur Auswahl stehen die Motoren von Rotax, der 912 UL mit 80 PS, der 912 ULS mit 100 PS bis hin zum 914 Turbo und 115 PS, aber auch der Sauer 2200 UL. Noch vielfältiger ist die Auswahl bei den Propellern: Acht verschiedene Typen von sechs Herstellern, darunter Fest- und Verstellpropeller; alles von Warp Drive über GSC und Neuform, Kievprop, Helix bis hin zu DUC. Wohlgemerkt serienmäßig, also ohne teure Einzelprüfungen wie etwa für Geräuschpegelmessungen.

Die gute alte und oft als langweilig geschmähte C42 deckt darüber hinaus viele Einsatzmöglichkeiten ab. Sie ist für das Schleppen von Segelflugzeugen bis 650 Kilo Abflugmasse und für Bannerschlepp zugelassen, man kann mit ihr sogar Fallschirmspringer absetzen. Statt einem festen Radfahrwerk können Ski oder Schwimmer montiert werden – besonders reizvoll und verbreitet ist das vor allem in Finnland oder in Italien. Bei Einbau eines Doppeltanksystems mit mehr als 130 Litern Volumen kann – allerdings nur im Alleinflug – bis zu zehn Stunden am Stück geflogen werden, mit einer möglichen Reichweite von 1500 Kilometern. Damit liegt theoretisch so gut wie jedes Ziel in Europa in Reichweite – im Nonstop-Flug. Und nicht zuletzt: Die C42 mit ihren verschiedenen Varianten ist eins der wenigen „richtigen“ Luftsportgeräte: Je nach Konfiguration kommt man auf tatsächliche Leergewichte von zirka 267 bis 289 Kilogramm.

Familientreffen: „A“, „B“ und „C“ (vorn) werden weiterhin gefertigt, jede hat ihre eigenen Stärken

Bei der Wägung einer „C“ mit reichlich Sonderaussattung wie dem genannten Doppeltank konnte ich bei meinem Besuch in der Montagehalle dabei sein: 295 Kilogramm waren hier das Ergebnis. Apropos: Allein durch Verwendung einer LiFe-Batterie statt eines herkömmlichen Bleiakkus spart man 3,2 Kilo bei rund 200 Euro Mehrpreis. Die Kunst dabei ist, trotz des leichten Flugzeugbaus eine sehr hohe Zellenfestigkeit und maximale Sicherheit zu erzielen. Vielleicht mag die C42 einfach im Sinne von schlicht konstruiert sein – primitiv ist sie dabei keineswegs. Die Variante „C“ stellte Comco 2012 auf der AERO in Friedrichshafen erstmalig vor, doch nicht mit der Absicht, die bis dahin aktuelle Modellreihe „B“ zu ersetzen, sondern vielmehr als deren Ergänzung: Wer etwas mehr Komfort möchte und wen ein, zwei Dinge an der bewährten „B“ stören sollten, kann mit der „C“ glücklich werden.

Doch was unterscheiden die beiden voneinander? Neben einer verbesserten Kabinenabdichtung sorgt vor allem aerodynamisches Feintuning für eine wirkungsvollere Ruderansprache und eine etwas höhere Topspeed. Da wäre zunächst der Flügel zu nennen, dessen Spannweite um 0,74 Meter auf 8,71 Meter gekürzt wurde. Die Flügelnase der „C“ ist spitzer, mit ausgesteifter Tragflächenvorderkante durch Einschub einer Kunststoffplatte und insgesamt optimiertem Flächenprofil. Auch die Halterung der Segellatten wurde verbessert. Den Flügelabschluss auf der Innenseite bildet jetzt eine Carbonrippe statt einer Verschnürung: So kann der Übergang zwischen der Fläche und der Kabine besser abgedichtet werden. Kleiner Wermutstropfen: Die Fläche der „C“ ist nicht mehr klappbar. Um den Ruderdruck am Steuerknüppel bei höheren Geschwindigkeiten zu senken, wurden die Querruder mittels Spades (die Servolenkung der Maschine) versehen.

Der Start ist trivial

Dem gleichen Zweck dient das Flettner-Ruder an der rechten Seite des Höhenleitwerks. Die Höhenruderumlenkung ist jetzt wie in der etwas stabiler ausgelegten englischen Version „E“ senkrecht statt waagerecht ausgeführt. Um den Komfort zu steigern, hat Comco die Abdichtung der Frontscheibe überarbeitet, die Dachform wurde leicht verändert, um den Übergang der Tragfläche zur Kabine dichter zu bekommen. Die Türen sind mit Scharnierleisten in den Türrahmen angebracht und schließen damit jetzt ebenfalls dicht. Darüber hinaus sitzen am Übergang der Landeklappen zum Rumpf nun „Ohrwatscheln“ als Spaltverkleidung – das reduziert Turbulenzen. Erwähnenswert ist nicht zuletzt die neue Motoraufnahme, ein Ringträger aus geschweißtem Stahlrohr, der im Vergleich zum bisher verwendeten genieteten Aluminium-Fachwerkträger rund 1,6 Kilo leichter ist, für mehr Laufruhe sorgt und noch dazu eine bessere Wärmeabfuhr bietet – was besonders im Schleppeinsatz von großem Vorteil ist.

Doch genug der Theorie, wir gehen jetzt fliegen! Für diesen Pilot Report bin ich mit einer C42 B angereist: optimale Voraussetzung, um beide Luftsportgeräte im direkten Vergleich gegeneinander zu beurteilen. Unser Probeflieger ist mit dem 100-PS-Rotax und dem Constant-Speed-Dreiblattprop von Neuform ausgestattet. Der erste Eindruck: Es sieht innen alles genauso aus wie bei der „B“; auch die Bedienung ist exakt identisch, inklusive der verschließbaren Kühlerklappe zum schnelleren Warmlauf, aber auch zum Halten der richtigen Motorbetriebstemperatur. Der Start ist trivial, mit bestem Steigen bei 110 km/h geht es mit fünf bis sechs Metern pro Sekunde dem Himmel entgegen – auch das entspricht den gewohnten Werten der „B“.

Willkommen zuhause: Altgediente 42-Piloten finden sich im Cockpit der „C“ auf Anhieb zurecht

In 4000 Fuß bei 4600 Umdrehungen pro Minute mit einem Ladedruck von 24 inch (entspricht 55 Prozent Leistung) machen wir angenehme 175 km/h. Stellt man den Motor auf „laut“, bei 5500 U/min und Ladedruck 27 inch, sind es knapp 200 km/h, die aber vom Flugzeug doch etwas widerwillig und gequält dargeboten werden. Beim Überziehen mit und ohne Klappen geht die Maschine in ein sanftes Nicken nach vorne über, um Fahrt aufzuholen.

Selbst beim Überziehen im Kurvenflug richtet sie sich alleine wieder auf. Im Langsamflug ohne Klappen tritt der Stall bei 72 km/h ein; mit Klappenstufe eins (15 Grad) bei 65 km/h und in der zweiten Klappenstufe bei zirka 60 km/h. Die Maschine kündigt dabei den anstehenden Strömungsabriss rechtzeitig und deutlich an. Trotz der gekürzten Flügel sind die hervorragenden Langsamflugeigenschaften erhalten geblieben, und auch das Stall- und Trudelverhalten ist unverändert gutmütig. Respekt! Wir testen im Anschluss die Rollwendigkeit, in dem wir von 45 Grad Schräglage links nach 45 Grad rechts steuern, dann in umgekehrter Richtung: jeweils weniger als zwei Sekunden, das ist ein sehr guter Wert.

Die Trudelerprobung ist Pflicht

Für die britische Zulassung ist die Trudelerprobung Pflicht; nach weniger als anderthalb Umdrehungen recovert die C42, so Jörg Hannemann. Das probieren wir aber nicht aus – mir ist eh schon leicht flau im Magen. Wir landen, Jörg steigt aus und übergibt mir die „C“ für eine weitere Runde, dieses Mal solo. Motorhandling, starten, fliegen – alles vertraut, alles wie immer. Einzig eine Sache fällt mir auf: Es kommt mir vor, als ob bei einer bestimmten Steigrate der Steuerknüppel marginal mehr zuckt, was möglicherweise mit der Höhenruderanströmung zun tun haben könnte. Die Landung bei ruhiger Abendluft gelingt exakt und bolzengerade. Offenbar sorgen die Winglets für einen noch besseren Geradeausflug. Die C42 C präsentiert sich mir als unkomplizierter Flieger ohne Tücken, auch bei kritischen Flug- und Wetterlagen. Für den Piloten bedeutet das pures, stressfreies Fliegen mit großen Sicherheitsreserven.

Auch als Eigentümer beziehungsweise Halter hat man es stressfrei, da der Unterhalt mit Wartung und Reparatur äußerst kostengünstig ist. Die C42 hat zudem eine gute Wertbeständigkeit und wird auf dem Gebrauchtmarkt wegen ihrer langlebigen, robusten Konstruktion auch noch nach vielen Jahren Einsatzzeit relativ hoch gehandelt. Mit der „C“ bekommt man im Vergleich zur „B“ mehr Flugzeug. Das macht sich allerdings auch in einem Preisaufschlag von zirka 6700 Euro (brutto) bemerkbar. Wobei der Mehrpreis dann tatsächlich nur bei etwa 2950 Euro liegt, wenn man die Ausstattungsunterschiede (Motor-Ringträger, Wingtips, „Ohrwatscheln“ etc.) berücksichtigt. Hierfür erhält man eine um 5 km/h höhere Endgeschwindigkeit durch den neuen kürzeren profiloptimierten Flügel, eine spürbar verbesserte Kabinenabdichtung und eine Joystick-artige, leichtgängige Steuerung. Wohlgemerkt: All diese Neuerungen sind nicht für die „B“ lieferbar.

Unverkennbar: keine Stil-Revolution beim Bestseller. Allein die Winglets verraten die „C“

In der Standardausstattung und der Ausstattungsvariante „Club“ mit Rotax 912 UL (80PS) und Rettungsgerät kostet die C42 C 67 900 Euro inklusive Steuern. Beim Heimflug mit meiner C42 B, nicht weit vor Sunset und von einer Kaltfront mit Regen verfolgt, ist mir dann doch tatsächlich noch so manches aufgefallen. Kaum aus der Platzrunde, schon war es links oben am Kopf unangenehm zugig und kalt. Die wirksam abgedichtete und irgendwie „geschlossenere“ Kabine der „C“ hat als Nebeneffekt eben auch noch mehr Wasserdichtigkeit, wenn man durch den Regen fliegt. Bei Vollgas wären jetzt die rund 5 bis 8 km/h mehr Endgeschwindigkeit ebenfalls nicht zu verachten, und der Steuerknüppel lässt sich in meiner „B“ tatsächlich bei 170 km/h nur noch recht zäh bewegen, ganz im Gegensatz zur fast spielerisch leichten „C“.

Es heißt ja: „Alte Liebe rostet nicht“, und die „B“ hat schon alle Tugenden, die von so einen Flugzeugtyp erwartet werden. Aber es heißt auch: „Ewig lockt das Neue“. Die C 42 C fliegt und landet fast wie auf Schienen, viel Gutes wurde in ihr noch besser, ohne dadurch anderweitige Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Mal sehen, ob ich da meiner „B“ nicht doch noch untreu werde.

Text: Leon-Alexis Schweizer; Fotos: Andreas Haller, Leon-Alexis Schweizer; fliegermagazin 11/2014

Technische Daten
Comco Ikarus C42 C
  • 8,71 m
  • 11,9 qm
  • 6,38 m
  • 2,20 m
  • 283,5 kg ("Club")
  • 472,5 kg
  • 65 Liter (130 optional)
  • Rotax 912 UL/80 PS und 912 ULS/100 PS
  • fest und verstellbar, 2- und 3-Blatt
  • 5 m/sec
  • ca. 800 km (mit 65-l-Tank)
  • ab 67 900 Euro
  • Comco Ikarus GmbH, Flugplatz Mengen, Am Flugplatz 11, 88367 Hohentengen, Telefon: 07572/600 80, www.comco-ikarus.de
Schlagwörter
  • Ultraleicht
  • C42 B
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  • C42
  • Rotax 912 ULS
  • Ikarus Comco C42 C
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