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Was taugt das Bose ProFlight Series 2 Aviation Headset?

Für das fliegermagazin haben zwei Piloten das Bose Aviation Headset auf ihre Praxistauglichkeit in einer Boeing 737 und in der Cessna Citation CJ2+ getestet. Wie fällt das Urteil aus?

Von Thomas Borchert
Headset
Die zwei seitlichen Auflagen halten den Bügel auf dem Kopf – oberhalb von Brillen- bügeln und ohne Druck auf die Ohren. Das Headset wiegt nur 128 Gramm. Foto: Bose

Flugkapitänin Andrea Kastelic ist begeistert: „Man merkt gar nicht, dass man etwas auf dem Kopf hat.“ Der Tragekomfort des Luftfahrt-Headsets von Bose hat es Kastelic besonders angetan. Kein Wunder: Diese Hör-Sprechgarnitur – so heißen die zum Funken und Kommunzieren der Crew sowie gleichzeitig als Lärmschutz verwendeten Kombinationen aus Kopfhörer und Mikrofon offiziell – ist ohne Zuleitungskabel nur 128 Gramm schwer.

Bereits 2018 hatte Bose das ProFlight vorgestellt. Ein Jahr später legte das US-Unternehmen mit der zweiten, in wesentlichen Details verbesserten Generation namens ProFlight Series 2 nach. Die Grundidee bleibt gleich: ein superleichtes In-the-Ear-Headset – es gibt also keine großen Ohrmuscheln, die das Ohr umschließen oder darauf aufliegen, sondern kleine, federleichte Stöpsel (auf Englisch Earbuds), die im Ohr stecken. Sie werden mit Silikon-Aufsätzen in drei Größen geliefert, die durch eine besondere Flügelform gut in der Ohrmuschel halten. Alternativ ist jetzt auch die Nutzung von individuell auf die Ohrform angepassten Steckern möglich.

Das Bose ProFlight Series 2 Aviation Headset unterdrückt die Umgebungsgeräusche

Einen Kopfbügel hat das ProFlight Series 2 trotzdem: Er hält das Mikrofon für den Sprechfunk sowie das Kabel zum Anschluss an die Bordavionik. In der Zuleitung ist ein Kontrollmodul mit zwei AA-Batterien integriert. Sie versorgen die aktive Geräuschunterdrückung mit Strom, auf Englisch Active Noise Reduction, kurz ANR.

Die funktioniert so: In den Earbuds sind Mikrofone untergebracht, die den Umgebungslärm aufnehmen. Eine eingebaute Elektronik analysiert ihn und erzeugt dazu passend einen „Gegenlärm“, der über kleine Lautsprecher im Ohrstöpsel ausgestrahlt wird und so die Umgebungsgeräusche auslöscht. Das funktioniert nicht perfekt, dämpft aber die Motor- und Windgeräusche deutlich. „Es ist nicht lautlos, aber der Lärm in der Boeing 737 wird viel geringer“, berichtet Kastelic. Gleichzeitig verbessert die Headset-Elektronik die Verständlichkeit von Funknachrichten; Alarmsignale bleiben weiter hörbar.

Kai SchmitzKai Schmitz
Brille nicht im Weg: Kai Schmitz, Erster Offizier auf der Cessna Citation CJ2+, beim Test des Bose ProFlight Series 2 Aviation Headsets.

Auch unseren zweiten Tester überzeugt die ANR: Kai Schmitz fliegt Businessjets. „Die Lärmunterdrückung herkömmlicher ANR-Headsets leidet meist, wenn man eine Sonnenbrille unter der Ohrmuschel trägt, weil deren Abdichtung dann nicht mehr optimal ist“, sagt er. „Das ist beim ProFlight kein Thema.“ Dennoch betont auch Bose selbst: Für Kolben-Einmots ist das ProFlight eher nichts – sie sind deutlich lauter als Jets und haben auch einen größeren Anteil tiefer Frequenzen.

Durch tippen auf die Hörmuschel schaltet die ANR auf eine niedrige Stufe

In drei Stufen lässt sich die Stärke der Lärmunterdrückung am Kontrollmodul des Headsets einstellen – manche Piloten bevorzugen es, etwas mehr vom Umgebungslärm zu hören, anderen wollen es so leise wie möglich haben.

Eine besondere Fähigkeit des ProFlight gefiel Kapitänin Kastelic gut: Tippt man mit dem Finger zweimal kurz gegen ein Ohr oder den Earbud, schaltet sich die ANR auf dieser Seite auf die niedrigste Stufe. „Wenn ein Flugbegleiter ins Cockpit kommt, ist es dadurch ganz einfach, sich mit aufgesetztem Headset normal zu unterhalten.“ Ein weiteres Doppel-Tippen aktiviert die Lärmunterdrückung wieder. Schmitz dagegen fand keine Anwendung für  diese Eigenschaft des ProFlight: „Wir haben keine Flugbegleiter. Unsere Fluggäste könnten es aber als unhöflich empfinden, wenn ich mit ihnen rede, ohne das Headset abzusetzen.“

Guter Tragekomfort: Das Bose Aviation Headset überzeugt auf allen Ebenen

Im Vergleich zur ersten Generation (die sich übrigens aufrüsten lässt) hat das Series 2 ein viel flexibleres und dünneres Zuleitungskabel, das beim Tragen weniger stört, sowie eine verbesserte Elektronik. Auch gibt es eine Version ohne Bluetooth-Anschluss. Mit dem lassen sich externe Audioquellen verbinden. So geben manche Navigations-Apps auf Tablet-Computern hilfreiche Audio-Hinweise und -Warnungen aus, die auf diese Weise hörbar werden.

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Fazit unseres Tests: Der Tragekomfort des gut lärmdämpfenden Bose ProFlight Series 2 Aviation Headsets ist überragend. Je nach Einsatzgebiet kann allerdings das im Vergleich zu herkömmlichen Kopfhörern etwas umständlichere und langwierigere Auf- und Absetzen ein Nachteil sein.

Das Bose ProFlight Series 2 kostet ohne Bluetooth-Modul 999 Euro und mit Bluetooth 1049 Euro

Text: Thomas Borchert fliegermagazin 09/2019

Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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