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Flugplatz Borkum – EDWR

Hochseeklima, die großzügig angelegte Strandpromenade und wilde Typen,
die sich Klaasohm nennen – Borkum bietet eine interessante Mischung

Von Redaktion

Unproblematischer Direktanflug und nette Türmer!“ „Achtung vor Klaasohm, dem Insel-Nikolaus, der Frauen jagt!“ Nur zwei von zig Kommentaren, die ich von anderen Piloten auf meine Frage nach ihren Erfahrungen mit Borkum erhielt. Neugierig geworden, machte ich mich mit einem Bekannten auf den Weg an die Ostfriesische Küste. Das mit dem Direktanflug stimmt; direkte Anflüge sind sogar erwünscht, wenn man vom Festland kommt. Und welch angenehm auffallende Seltenheit: Borkum hat keine Platzrunde! Die Kommunikation mit dem Flugleiter ist sehr entspannt; auch diesen Punkt kann ich bestätigen.

Der Verkehrslandeplatz, den Helikopter, Echo-Klasse, Motorsegler und Luftsportgeräte (außer Trikes) benutzen können, ist großzügig angelegt und der einzige ostfriesische Inselflugplatz mit Nachtflugmöglichkeiten, festen Öffnungszeiten im Winter und auch mit einer Tankstelle für Avgas und Jet A1. Die 1000 Meter lange Hauptbahn ist asphaltiert; zusätzlich gibt es zwei Graspisten, womit alle üblichen Windrichtungen bedient werden. Hochseeklima bedeutet nämlich nicht nur gesunde frische Luft, sondern oft auch kräftiger bis stürmischer Wind. Vor dem Terminalgebäude erstreckt sich eine weitläufige Rasenfläche mit Sitzbänken, von denen man auf das Vorfeld und die drei Bahnen schaut. Drinnen ist ein Kiosk, wo es Getränke und kleine Snacks gibt.

Welch angenehm auffallende Seltenheit: Borkum hat keine Platzrunde!

Fahrräder kosten hier 7,50 Euro pro Tag: Damit kommt man schnell in die nur einen Kilometer entfernte Stadt und an die vor zwei Jahren angelegte größte und schönste Strandpromenade aller Ostfriesischen Inseln, wie uns der freundliche Flugleiter vorschwärmt. Auslöser für den Bau der neuen Promenade war die Deicherhöhung. Nur so kann die Insel vor dem Wasser der Nordsee ausreichend geschützt werden. Wer über die Promenade flaniert, hat das Nordbad mit seinem prallen Strandleben zur einen Seite und das quirlige Treiben des Orts zur anderen. Die eindrucksvolle Sandbank am Nordstrand sorgt für familenfreundliche Bademöglicheiten in ruhigen Gewässern. In der Ferne sieht man sonnenbadende Seehunde auf der Sandbank des Borkumriffs, dahinter die offene Nordsee.

Willkommen: EDWR ist bekannt für einen stressfreien Anflug (Foto: Heike Schweigert)

Eine wunderbare Kulisse, die man von den Cafés und Bars entlang der Promenade genießen kann. Wir lauschen kurz der Kurmusik im Pavillon und holen uns einen Snack an einer der hier typischen Milchbuden. Nach einer kurzen Eispause fahren wir mit den Fahrrädern weiter den Strand entlang und gelangen nach nur knappen zwei Kilometern zum Nordseeaquarium. Es ist seit diesem Jahr umgebaut und renoviert. Direkt an der Küste zwischen Dünen und Sandstrand liegend bietet es Besuchern einen Eindruck von der Artenvielfalt in der Nordsee. Kinder und Erwachsene können Hummer, Quallen, Katzenhaie und viele andere Nordseebewohner beobachten. Wir radeln weiter zur Gaststätte „Heimliche Liebe“, von wo man auf die Emsmündung und hinüber zur holländischen Küste blicken kann.

Hochseeklima bedeutet oft auch kräftiger bis stürmischer Wind

Hier beginnt der eher als Geheimtipp gehandelte Südstrand, an dem es etwas ruhiger zugeht als im Nordbad. Doch man bekommt alles: Strandkörbe und -zelte sowie Krabbenbrote, Matjes, Backkartoffeln, Rote Grütze und all die anderen kulinarischen Klassiker der Insel. Neben Nord- und Südbad gibt’s für Teenies ein Jugendbad und für freizügige Menschen einen FKK-Strand. Alle vier Badestrände sind bewacht und für ihre Sicherheit von der International Life Saving Federation ausgezeichnet. Wer einsamere Abschnitte sucht, findet diese am Nord- und Ostrand der Insel. Etwa 26 Kilometer Naturstrand und menschenleere Weite erwarten einen dort. Auf dem Rückweg in den Ort kommen wir am Elektrischen  Leuchtturm aus dem Jahr 1891 vorbei, einem von drei Leuchtfeuern der Insel. Rot-weiss geringelt bietet er ein klassisches Fotomotiv; er ist heute aber nicht mehr in Betrieb.

In der Innenstadt angelangt, besichtigen wir noch den Neuen und den Alten Leuchtturm. Letzterer fußt auf den ältesten Grundmauern aller Ostfriesischen Inseln, er diente gleichzeitig als Kirchturm: Historische Seekarten beweisen, dass es hier schon im Jahre 1400 eine kleine Kirche gab. Der Walfängerfriedhof rund um den Turm herum bekräftigt dies. Von dem etwas erhöht liegenden Friedhof schauen wir auf die Wilhelm-Bakker-Straße, die von Zäunen aus Walkiefern gesäumt ist. Ein unwirklicher Anblick. Zum Abschluss möchten wir etwas Inselromantik einatmen und nehmen die historische Borkumer Kleinbahn vom Ortskern zum Hafen. Die sieben Kilometer sind schnell zurückgelegt, und wir haben noch ausreichend Zeit, das Feuerschiff „Borkumriff“ zu besichtigen.

Auf Borkum findet sich die größte und schönste Strandpromenade aller Ostfriesischen Inseln

Von 1875 bis 1988 lag es etwa 30 Kilometer nordwestlich der Insel an einem der Hauptschifffahrtswege als schwimmender Leuchtturm und Wegweiser in der Deutschen Bucht. Das Schiff befindet sich zwar im Ruhestand, man könnte aber meinen, die Besatzung sei soeben erst von Bord gegangen.Wir haben viel gesehen, doch der Geschichte um Klaasohm bin ich noch nicht auf die Schliche gekommen. Also befragen wir den zuvorkommenden Flugleiter, bevor wir den Rückflug antreten. Er erklärt uns, dass es sich um einen Brauch handelt, der auf die Zeit der Walfänger zurückgeht und in der Nacht zum 6. Dezember gefeiert wird. Es geht um die rituelle „Rückeroberung“ der Insel von den Frauen, die nach der langen Abwesenheit der Walfänger die Führungsrolle in den Familien übernommen hatten.

Buntes Treiben: Besucher lieben den Borkumer Strand (Foto: Heike Schweigert)

Jedes Jahr gehen als Klaasohm verkleidete Männer nachts in drei Gruppen und mit großem Lärm um die Insel. Einheimische Frauen sollten sich fernhalten, sonst kann es passieren, dass ihnen mit Kuhhörnern aufs Hinterteil gehauen wird. Auch wenn ich nun am Nikolaustag Borkum eher nicht besuchen werde, beschließen wir wiederzukommen und mehr Zeit mitzubringen. Wir haben nämlich noch längst nicht alles gesehen.

Borkum – Tipps und Infos

Der Flugplatz liegt nur einen Kilometer nordöstlich vom Ort und von der Strandpromenade entfernt. Es gibt keine veröffentlichte Platzrunde; Öffnungszeiten siehe AIP; keine Mittagspause. Vom Festland kommend ist ein direkter Anflug auf die „31“ erwünscht. Überflüge über den westlichen Teil der Insel, die Stadt und die vorgelagerten Strände unterhalb von 2000 Fuß möglichst vermeiden.

Text & Fotos: Heike Schweigert; fliegermagazin 04/2016