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Flugzeugporträt: Arado Ar 96 als Nachbau

Als Kind hatte Alois Krennmeir die Ar 96 für sich entdeckt, als Erwachsener baute er sie nach, gemeinsam mit seinem Sohn. 13 Jahre haben die beiden gebraucht, jetzt fliegt der Zweisitzer – verkleinert und aus Holz. Aber charismatisch wie das Original!

Von Redaktion
Flugzeugporträt: Arado Ar 96 als Nachbau

Eine Arado! Aber irgendetwas stimmt nicht … Ja, sie ist kleiner – und wie sich herausstellt aus Holz, nicht aus Metall wie das Original. Dennoch: Die Maschine ist eine Wucht, kein schmalbrüstiger Nachbau, der nur entfernt etwas mit dem großen Vorbild zu tun hat, kein UL mit einem entsprechend kleinen Motor, sondern ein Experimental mit Sechszylinder-Triebwerk. Gebaut wurde die Ar 96 in 80-Prozent-Größe von Alois und Hannes Krennmeir aus Eferding in Oberösterreich. Knapp 13 Jahre haben die beiden, Vater und Sohn, für die Fertigstellung gebraucht. Vom Original der Ar 96 existiert heute kein flugfähiges Exemplar mehr. Arado ließ den Fortgeschrittenen-Trainer in Brandenburg an der Havel fertigen, auch die AGO Flugzeugwerke in Oschersleben produzierte Ar 96. Nachdem 92 Exemplare der A-Serie mit dem Argus As 10 C gebaut worden waren, ersetzte man den 240 PS leistenden V8-Motor durch den Argus As 410 A, einen Zwölfzylinder mit 465 PS (B-Serie).

Typisch Arado: aufgesetztes Seitenleitwerk, dahinter das Höhenleitwerk mit durchgehendem Ruder

Von 1939 bis 1944 wurden in Deutschland 516 Ar 96 hergestellt, hinzu kamen weitere Maschinen, die bis 1949 als C-2 bei Avia und Letov in der Tschechoslowakei entstanden. Insgesamt beläuft sich die Stückzahl des Musters auf knapp 3000 Exemplare. Kurz nach dem Krieg waren in Sichtweite des Bauernhofs der Krennmeirs auf dem Flugfeld Raffelding einige Ar 96 abgestellt worden – die Flugschule Markersdorf hatte dort eine Außenstelle. Für den kleinen Alois waren die Maschinen vorzüglich zum Spielen geeignet, obwohl die Mutter dies ausdrücklich verboten hatte. Die Erinnerungen an seine Jugendzeit gaben wohl auch den Ausschlag für die Entscheidung, den Nachbau des Musters in Angriff zu nehmen – ein ehrgeiziges Projekt, obwohl Alois Krennmeir kein Unerfahrener war: Einige Jahre zuvor hatte er bereits eine Pottier P-50 Bouvreuil im Amateurbau fertiggestellt.

Zerreißprobe: Motorträger, Fahrwerk und Höhenleitwerk werden mit 4,4 g belastet

Doch die Ar 96 war ein anderes Kaliber. Ein Nachbau aus Metall in Originalgröße kam als privates Projekt nicht in Frage: zu aufwändig. Eine verkleinerte Version aus Holz erschien aber machbar. Dazu musste die Metall- in eine Holzkonstruktion mit zahlreichen Metallbeschlägen verwandelt werden – was im Grunde auf eine Neukonstruktion hinauslief. Hilfreich war dabei die baubegleitende Unterstützung der Ingenieure Alfred Glatzmeier und Bernhard Rögner vom Igo Etrich Club Austria, der österreichischen Amateurbauervereinigung. Pläne des Originals standen für den Nachbau nicht zur Verfügung, doch in der Modellbau-Zeitschrift Scale fanden sich Drei-Seiten-Ansichten und Schnittzeichnungen der Avia/Letov C-2. Nützlich waren auch Unterlagen vom Luftfahrt-Archiv Hafner, wo man für die Ar 96 unter anderem ein Luftfahrt-Handbuch, Bedienungsvorschriften und eine Ersatzteilliste mit zahlreichen Illustrationen bestellen kann.

Trotz Verkleinerung sollte der Nachbau dem Vorbild sehr nahe kommen. Dies betraf auch die Form der Motorhaube – ohne die charakteristische schmale Schnauze wäre die Arado-Anmutung verlorengegangen. Ein Boxermotor kam also nicht in Frage, und da es einen Argus-ähnlichen hängenden luftgekühlten V12, der klein genug ist, nicht gibt, entschieden sich die Krennmeirs für den tschechischen LOM 137 A. Der hängend eingebaute Sechszylinder-Reihenmotor leistet maximal 180 PS und ist schmal genug für eine geschrumpfte Ar-96-Schnauze. Da es sich um ein heute noch produziertes Triebwerk handelt, ist nicht nur die Ersatzteilversorgung gewährleistet – auch die Betriebskosten sind ein Pluspunkt gegenüber dem Originalmotor. LOM ist stolz auf die Verwendung des Motors in dem Arado-Nachbau und hat ein Video von Rollversuchen auf seine Website gestellt.

Vorbeiflug in strammer Haltung: Was für eine rassige Silhouette! Im „Cruise“ stehen 160 PS zur Verfügung – damit treibt der LOM die Arado auf 250 km/h

Wie beim großen Vorbild ist ein Verstellpropeller mit Rippenhaubennabe montiert. Tatsächlich hat diese Konstruktion ihren Ursprung bei Argus: Über den tschechoslowakischen Motorenbauer Walter, der Argus-Triebwerke in Lizenz fertigte, gelangte die Verstellluftschraube zu LOM. Im Flug dreht der Prop mit maximal 2750 rpm, die Reiseflug-Einstellung liegt bei 2560. Motor und Propeller stammen bei der Krennmeir-Arado von einer Zlin Z-142, deren Motorträger angepasst wurde. Das Instrumentenbrett haben die Erbauer dem Vorbild nachempfunden, die Steuerknüppel sind original, samt MG-Abzug für das 7,92-Millimeter-Gewehr in der „Großen“. Die Funktion ist heute jedoch eine andere: Mit dem Knopf werden die Landeklappen bedient. Bemerkenswert ist auch die vorbildähnliche Lackierung in seidenmatten Farben nach den Vorgaben RLM 70/71/65 aus der Zeit um 1944.

Original oder Replikat? Im Flugbild entspricht der österreichische 80-Prozent-Nachbau dem deutschen Militärtrainer zu 100 Prozent

Vorn am Rumpf prangt das Emblem der ehemaligen Flugschule FFS A/B 72 aus St. Pölten-Markersdorf. Um die Auflagen der österreichischen Luftfahrtbehörde Austro Control zu erfüllen, wurde eine umfangreiche Dokumentation erstellt, zu der ein ausführliches Betriebshandbuch gehört. Allein die detaillierte Baubeschreibung umfasst 93 Seiten. Der Erstflug der OE-VRA fand am 26. April 2013 statt, am Steuer saß Josef Ecker – als Jungmeister- und Stieglitz-Pilot hat der Präsident des Fliegerclubs Weiße Möwe Wels viel Erfahrung auf Taildraggern. Bis heute hat die kleine Arado etwa 140 Starts und Landungen erfolgreich absolviert, rund 70 Stunden war sie in der Luft – die endgültige Experimentel-Zulassung steht noch aus. Geflogen wird die Maschine derzeit von den Erprobungspiloten Hannes Krennmeir und Josef Ecker. Doch auch der mittlerweile 77-jährige Vater des Projekts war mit der Arado schon in der Luft – eine verdiente Belohnung für die jahrelange Mühe des Nachbaus.

Text: Pierre Schmitt; Fotos: Alois & Hannes Krennmeir; fliegermagazin 11/2014

Technische Daten
Krennmeier Ar 96
  • 9,00 m
  • 11,06 qm
  • 7,29 m
  • 1,90 m
  • 598 kg
  • 870 kg
  • 100 l
  • LOM 137 A / 180 PS
  • Avia, 2-Blatt, Metall, verstellbar, 2,02 m
  • knapp 9 m/sec (Meereshöhe)
  • ca. 600 km plus 30 Min. Reserve
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