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Pilot Report: Tecnam P2010 Gran Lusso

Seit 75 Jahren ist die italienische Familie Pascale in der Luftfahrt aktiv. Hier stellen wir das aktuelle Topmodell des Familienunternehmens Tecnam vor.

Von Thomas Borchert
Pilot Report: Tecnam P2010 Gran Lusso
Schicke Reisemaschine: Mit Turbolader und optionalem Sauerstoffsystem ist die P2010 bis in FL180 unterwegs.

Genau so hat sich Tecnam das vorgestellt: Für Manfred Brosowski war die Motorisierung der P2010 ein wesentliches Argument bei der Kaufentscheidung. Der CD 170 von Continental ist ein Diesel, er läuft mit Kerosin. Das nutzt auch die Großluftfahrt, da braucht man sich um die Verfügbarkeit keine Gedanken machen – anders als womöglich bei verbleitem Avgas. Und eine weitere Strategie des italienische Flugzeugherstellers ist bei dem deutschen Piloten voll aufgegangen: Auf der AERO 2022 hat er das Sondermodell Gran Lusso (zu deutsch: großer Luxus) vorgestellt. Und Manfred Brosowski war sofort verliebt. So hat er nun die erste Tecnam P2010 Gran Lusso in Deutschland erhalten – und plant für die Saison 2023 bereits etliche lange Reisen.

Kurzer Rückblick: Wie der Name verrät, präsentierte Tecnam die P2010 bereits vor mehr als zehn Jahren. Anfangs war sie mit dem 180 PS starken Lycoming IO360 motorisiert. Inzwischen gibt es auch eine Variante mit Lycoming IO-390 (215 PS) und die TDI mit dem 170 PS starken Continental-Diesel, der bekanntermaßen aus den ursprünglichen Thielerts hervorgegangen ist. Zwar braucht die IO-390-Version in Meereshöhe etwa 50 Meter weniger Startrollstrecke, aber der CD-170 ist turbogeladen und spielt entsprechend seinen Vorteil im Reiseflug aus.

Tecnam P2010 Gran Lusso: Altes Modell mit neuem Motor

Schon im fliegermagazin #5.2021 hatten wir die TDI ausführlich vorgestellt. Nur mit dieser Motorisierung gibt es die Gran Lusso mit ihrer umfangreichen Ausstattung – und sie ist bei Tecnam derzeit sehr erfolgreich. Die Gran Lusso wird mit einer spezieller Lackierung und einer breiten Farbauswahl sowie einem edlen Lederinterieur ebenfalls in mehreren Farben angeboten. Tecnam spielt ganz klar mit dem Renommée italienischen Designs. Mit Erfolg: Die Maschine sieht außen und innen wirklich toll aus.

GepäckfachGepäckfach
Jede Menge Türen: Die Passagiere hinten haben auf der rechten Seite eine eigene Tür, vorn gibt es rechts und links eine. Das Gepäckfach ist ebenfalls auf der rechten Rumpfseite zugänglich.

Zwar erinnert die grundlegende Konfiguration des Flugzeugs natürlich an die klassischen Cessna-Hochdecker 172 und 182, aber im Detail zeigen sich gravierende Unterschiede. Das gilt, was den Passagierkomfort angeht, vor allem für die Hinterbänkler. Zum einen haben sie hinten rechts eine eigene Tür. Und zum anderen sitzen sie mit viel Kniefreiheit sehr hoch. So haben sie zur Seite und selbst nach vorne eine gute Sicht und „versacken“ hinten nicht wie bei den Cessnas.

Alles integriert: Die Tecnam P2010 verfügt über ein voll ausgestattetes Glascockpit

Vorn überzeugt das voll ausgestattete und schön verkleidete Glascockpit. Die vollwertige QWERTY-Tastatur ist bei der Gran Lusso Standard – aus unserer Sicht ist sie kaum verzichtbares Bedienteil eines modernen Glascockpits. Ohnehin ist die Liste der Zusatzausstattungen bei dem netto 521000 Euro teuren Flugzeug kurz: der aktive Verkehrswarner GTS 800 schlägt mit 16 650 Euro zu Buche; die Aktivierung der Synthetic Vision kostet 11100 Euro; das Satelliten-Telefon-Modul GSR 56 mit Wetterabruf im Flug steht mit 13 150 Euro in der Preisliste. 3200 Euro kostet das Sauerstoffsystem, dessen Flasche mit einer Halterung fest im Cockpit verbaut wird.

GlascockpitGlascockpit
Edles Leder: Die Gran Lusso ist in der Kabine fein mit Leder verkleidet. Verschiedene Farben stehen zur Wahl. Das Glascockpit Garmin G1000 NXi samt Tastatur integriert auch den Autopiloten und das Management des Dieselmotors mit seiner elektronischen Steuerung. Die Sicht nach vorn ist dank zurückliegender A-Säulen ausgezeichnet.

Dieses Zubehör ist sehr sinnvoll, denn dank des Turboladers fängt die Maschine in größeren Höhen an, richtig zu rennen. Bis Flugfläche 180 kann es gehen. Und auch an heißen Tagen und höher gelegenen Plätzen übertrumpft der CD-170 die anderen, nicht aufgeladenen Motoren schnell.
Immer wieder beeindruckend ist die Bedienung des Continental-Diesels mit seiner vollelektronischen Motorsteuerung: Master an, auf den Anlasserknopf drücken – läuft. Bei allen Temperaturen, unter jedweden Bedingungen. Früher waren spezielle Instrumente zur Anzeige der Motordaten des Diesels erforderlich, inzwischen ist das alles voll ins Glascockpit integriert. Die Kontrolle der doppelt ausgelegten Steuerungselektronik inklusive Propellerverstellung erfolgt am Rollhalt per Knopfdruck – auch das könnte einfacher nicht sein.

Stabiles Fahrwerk: Abflug von der Graspiste in Neapel

Dann geht es los auf der buckeligen und extrem matschigen Werks-Graspiste in Capua in der Nähe von Neapel. Keine Frage: Fahrwerke, die an diesem Ort entworfen werden, müssen etwas abkönnen. 100 Prozent Leistung dürfen für fünf Minuten gehalten werden.

AuslieferungAuslieferung
Ab nach Hause! Manfred Brosowski mit seiner Gran Lusso vor dem Auslieferungszentrum am Tecnam-Werk in Capua bei Neapel.

Die P2010 steuert sich angenehm, aber stets stabil. Sie ist ein in jeder Hinsicht gutmütiges, aber keineswegs schwerfälliges Flugzeug. Fürs Sightseeing über den Mozarella-Büffeln der Umgebung geht die P2010 willig auch in steilere Kurven – was dann die Envelope Protection der Garmin-Avionik auslöst. Der CD-170 dürfte auch längere Zeit mit höheren Leistungen als 75 Prozent betrieben werden, wird dann aber durstig. Dennoch: In FL125 sind 140 Knoten Reisegeschwindigkeit nicht unrealistisch. In 9000 Fuß sehen wir 132 Knoten – bei 25 Litern pro Stunde!

Luxus im Namen

Der Anflug zur Landung erfolgt mit 70, dann 65 Knoten. Mit etwa 55 Knoten setze ich auf, das Bremsen erledigt die weiche Bahn. Mit der Gran Lusso macht Tecnam die gleiche Erfahrung, die viele andere Hersteller ebenso erleben: Wenn schon ein Neuflugzeug, dann wollen es viele Kunden auch gleich mit möglichst kompletter Ausstattung – und durchaus auch ein wenig Luxus. Und den bietet diese P2010 ja schon im Namen.

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Die Familie Pascale: 75 Jahre in der Luftfahrt

Fotos: Samy Kramer

Technische Daten
Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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