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Was muss ich beim Fliegen mit Kind beachten?

Die Erfahrungen einer Pilotin und Mutter zeigen: Fliegen als frischgebackene junge Familie ist kein Problem!

Von Redaktion
Eingewöhnung
Behutsame Eingewöhnung: Der Kinderarzt hat sein Okay gegeben, der Fliegerarzt die junge Mutter wieder flugtauglich erklärt – und Schritt für Schritt wird die kleine Tilda an ihren ersten Flug in der Robin herangeführt. Schließlich wächst sie in einer Pilotenfamilie auf! Foto: Janine Brennenstuhl

„Eigentlich halte ich den Menschen grundsätzlich nicht für zum Fliegen gemacht. Aber medizinisch spricht nichts dagegen, Ihre Tochter in ein Flugzeug zu setzen.“ Da war sie, die Freigabe des Kinderarztes, zum Erstflug des frisch geschlüpften Nachwuchses – zugegeben etwas emotionslos, aber vorhanden. Einige Wochen später saß ich mit der Baby- schale zu meinen Füßen beim Fliegerarzt, um nach Schwangerschaft und Geburt zu- nächst einmal selbst wieder in die Luft zu dürfen. Und auch er gab sein Okay, riet aber dazu, nichts zu überstürzen. „Gewöhnen Sie Ihre Tochter zuerst an Geräusche und Gerüche. Denken Sie an einen Gehörschutz und machen sie zunächst nur kurze Gewöhnungsflüge statt eines Überlandflugs an die See.“

Ein Flug an die See – ja, schön wär’s. Wir schreiben das Jahr 2020 mitten im März: Der erste Corona-Lockdown. Viele Flugplätze sind geschlossen, die Nordseeinseln hermetisch abgeriegelt. Aber wir wollen ja ohnehin nichts überstürzen. Mutti nutzt die Gelegenheit, mit Papa Platzrunden zu schrubben und wieder in Übung zu kommen, während liebe Vereinskameraden den Kinderwagen am Flugplatz auf und ab schieben. Das Kind schläft. An Motor- und Flugplatzgeräusche gewöhnen: checked!

Fliegen mit Kind: Alle Aufregung ist umsonst

Nun soll ein Baby-Headset her. In einem Alter, in dem Sprechen noch kein Thema ist, ist ein Gehörschutz für Babys und Kleinkinder sicher ausreichend. Wir entscheiden uns für das Modell von Alpine und legen es unserer Tochter Tilda zu Hause immer mal wieder einige Minuten an, um sie daran zu gewöhnen, etwas über den Ohren und am Kopf zu tragen. Zu dieser Zeit ist sie etwa zehn Wochen alt.

Maxi CosiMaxi Cosi
Sichere Schale: Der Maxi Cosi wird bei Kleinkindern entgegen der Flugrichtung festgeschnallt.

Erneut vergehen einige Wochen, die strengen Corona-Regeln lockern sich etwas, Vereinsleben am Flugplatz wird wieder möglich(er), das Wetter besser und das Kribbeln in den Fingern stärker. Mein Mann macht sich mit der Babyschale am Flugzeug zu schaffen, die Sitzprobe steht auf dem Plan. Mit einem Dreipunkt-Gurt, wie er in der DR 400 unseres Vereins ver- baut ist, lässt sich der Maxi Cosi völlig problemlos auf der hinteren Sitzbank befestigen: entgegen der Flugrichtung und genauso wie im Auto ohne das Isofix-System zur Schnellbefestigung.

Robin DR 400: Ein Ort zum entspannen

Unsere Befürchtung bestätigt sich nicht: Der Sitz des Copiloten muss dafür nicht so weit nach vorne gefahren werden, dass rechts kein Platz mehr zum Sitzen bleibt oder sich der Knüppel nicht mehr voll durchzuziehen lässt. Es passt perfekt. An diesem Tag hält Tilda ihren Mittagsschlaf am Boden, festgeschnallt in der DR 400 – ein Ort zum Entspannen und Träumen. Gewöhnen an den Geruch im Flugzeug: checked!

Beruhigendes BrummenBeruhigendes Brummen
Beruhigendes Brummen: Sobald das Triebwerk läuft, fallen den meisten Kindern die Augen zu – oft bis nach der Landung.

Nachmittags bereitet ein Vereinskamerad einen Motorsegler zum Schleppen eines Segelflugzeugs vor. Ich will es drauf ankommen lassen: „Wenn Du zur Startstelle rollst, nimmst Du Tilda und mich bis dahin mit?“ Gesagt, getan. Auf dem „Beifahrersitz“ des Motorseglers sitze ich mit dem Kind auf dem Schoss und bin aufgeregt. Was würde passieren, wenn der Motor anspringt? Wird sie beim Rollen weinen? Falls ja: Wie komme ich dann möglichst schnell hier raus, um sie zu beruhigen?

In den Schlaf geschaukelt: Die Motorgeräusche des Flugzeugs machen dem Kind nichts aus

Beim Anlassen stellt sich raus: Alle Aufregung ist umsonst. Zwar hält sie inne und lauscht, doch gegen das Schaukeln des rollenden Motorseglers über den Rasen bis zur Startstelle der Segelflieger kann sie sich nicht wehren: Bereits nach wenigen Metern fallen ihr die Augen zu, und sie schläft auf meinem Arm ein.

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Im Sommer ist es dann endlich soweit. Tilda ist fünf Monate alt und sitzt ahnungslos in ihrem Maxi Cosi, angeschnallt auf der Rückbank der DR 400. Das Headset auf dem Kopf, den Schnuller im Mund und das Kuschelnilpferd auf dem Schoß. Mama und Papa schnallen sich vorne an. Es kann losgehen. Vorher vereinbaren wir, wer sich ausschließlich ums Fliegen kümmert und wer fürs Kind zuständig ist. Ich bin nervös, konzentriere mich aber aufs Flugzeug. Anlassen, Motorengeräusch, Rollen: Bis hier hin waren wir schon, alles problemlos. Aufrollen, Vollgas, Abheben – das Kind weint. Oh nein!

Aufgabenteilung: Vor dem Flug festlegen, wer sich ums Kind kümmert

Ich fliege das Flugzeug, mein Mann versucht, Tilda zu beruhigen. Schon im Querabflug bin ich mir sicher: Ich muss die Fliegerei aufgeben. Mein Kind ist nicht flugtauglich. Mein Schein verfällt. Ich werde nie wieder fliegen. Ich bin jetzt Mutter. Analytisches Denken in stressigen Situationen ist genau meine Stärke. „Ich lande direkt wieder. Es hat keinen Sinn. Sie soll kein Trauma kriegen.“ – „Entspann Dich, steig erstmal aus der Platzrunde und flieg einfach ein paar Minuten geradeaus. Sie beruhigt sich gleich“, entgegnet der Ehemann.

Glückliche FamilieGlückliche Familie
Glückliche Familie Was gibt es Schöneres, als das Hobby mit Partner und Nachwuchs zu genießen?

Das Kind wimmert, wird aber leiser. Den Nuckel wieder im Mund schläft sie unter dem leichten Schaukeln und monotonen Motorengeräusch nach einigen Momenten ein. Wir erleben einen tollen Flug über das Weserbergland. Tilda schlägt die Augen erst wieder auf, als wir das Flugzeug eine halbe Stunde später vor der Halle abstellen und das Motorengeräusch verstummt. Ich bin glücklich. Ich kann wieder fliegen – mit Kind!

Früh übt sich: Kinder möglichst im Babyalter an das Fliegen gewöhnen

Viele Schaukeln an hübschen Flugplätzen in der Region und darüber hinaus haben wir seither ausprobiert. Und auch zu den geliebten Nordseeinseln hat uns schon der ein oder andere Flug geführt. Mittlerweile ist Tilda zwei Jahre alt und fliegt gerne bei Mama und Papa mit. Inzwischen sitzt sie dafür in einem Autokindersitz auf der hinteren Sitzbank und hat seit wenigen Wochen ein „richtiges“ Kinderheadset. So können wir mit ihr via Intercom kommunizieren – und sie im Übrigen bei Bedarf auch „wegschalten“. Eine durchaus nützliche Funktion, wenn man nicht nur die Informationen des Nachwuchses hören möchte, sondern auch die der anderen Teilnehmer im Platzrundenverkehr.

KindheitserlebnisKindheitserlebnis
Prägendes Kindheitserlebnis: Tilda macht das Fliegen sichtlich Freude – wächst da eine künftige Pilotin heran?

Ich kann Eltern nur ermutigen, ihre Kinder in ein Flugzeug zu setzen – auch oder erst Recht schon im Babyalter. Für den Tipp des Fliegerarztes, dabei nichts zu überstürzen und alles mit Ruhe und Vorbereitung anzugehen, bin ich allerdings sehr dankbar. Schließlich möchte ich meinem Kind kein Trauma verpassen, sondern im besten Fall ein gemeinsames Hobby entstehen lassen, mit vielen unvergesslichen Momenten.

Text & Fotos: Janine Brennenstuhl

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