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Auf Chartertour in Afrika: Zwischen Löwen und Schimpansen

Afrika ist für viele Piloten ein Sehnsuchtsziel, das sie eines Tages selbst erkunden möchten. Ein Paar aus Deutschland hat sich diesen Traum bereits mehrmals erfüllt – zuletzt mit einer Gruppenreise durch sechs Länder.

Von Redaktion
Nationalparks Mkomazi
Täler und Höhen: Gebirgszüge südlich des Nationalparks Mkomazi in Tansania, etwa 190 Kilometer westlich vom Mombasa. Foto: Robert Di Blasi

Bewaldete Hänge lösen die kargen landwirtschaftlichen Flächen ab, als das Gelände zum Ngorongoro-Krater ansteigt. Wir fliegen in einer Cessna 182 im nördlichen Tansania zwischen Kilimanjaro und Victoriasee. Sie liegt ruhig in der Luft, als wir in 8500 Fuß knapp über die Kante des Kraters fliegen, die kurz darauf wieder steil abfällt. Der Nationalpark – eines der sieben Naturwunder Afrikas – liegt nun etwa 600 Meter tief unter uns, und wir erkennen große Tierherden.

GebüschGebüsch
Wegbleiben! Die Cessna hat nicht etwa ein Gebüsch mitgenommen: Die Dornenzweige schüt- zen die Reifen vor allzu neugierigen Hyänen.

Es erscheint unwirklich, dass auf der Kante des Kraters eine Piste liegt, auf einer Elevation von 7800 Fuß. Meine Frau Heike und ich sind die Nachzügler unserer Gruppe von vier Cessnas. Wir koordinieren uns air-to-air und landen schließlich auf der roten, holprigen Schotterpiste, während unweit einige Zebras grasen. Der Windsack besteht nur noch aus einem verrosteten Stahlring. Rasch sammeln sich einige Massai, die uns neugierig beim Entladen des Gepäcks beobachten. Für ein paar Dollar hacken Sie mit ihren Buschmessern große Zweige von Dornenbüschen ab und schichten sie rund um die Reifen unserer Flugzeuge, um die Hyänen davon abzuhalten, die Gummireifen zu zerkauen.

Chartertour in Afrika: Heiße Luft & Wild Tiere

Afrika! Hinter uns liegen Monate Vorbereitung – hauptsächlich für Markus Möllmann. Er verchartert mit seinem Unternehmen Bushpilot Adventures am Flughafen Wonderboom bei Johannesburg in Südafrika vier Cessna 182 und zwei Cessna 206. Nach gemeinsamer Entwicklung der Route hat Markus auch alle Hotels und Transfers für uns gebucht sowie alle erforderlichen Permits organisiert.

AufgereitAufgereit
Kleines Fly-in: Aufgereiht stehen die vier Cessnas auf einem staubigen Flugplatz am Ngorongoro-Krater.

Als wir in Johannesburg ankamen, hatten wir unsere südafrikanische PPL-Validation bereits in der Tasche, da wir 2017 bereits dort geflogen waren. Die Validation kann auch vor Ort erworben werden, dafür sollte man aber mindestens zwei Tage einplanen. Markus’ Flugzeuge sind gut ausgestattet mit Reserveschläuchen für die Reifen, Handpumpe, Werkzeug, Sonnenschutz und Notfall-Wasserkanister. Die „206“ transportiert in ihrem Rumpf-Pod auch noch Reserve-Öl und vier große Benzinkanister. Sollten wir unterwegs kein Avgas an unseren Zielplätzen vorfinden, müssen wir mit den Kanistern Auto-Benzin von der Tankstelle holen.

Gute Vorbereitung ist alles

Über den Airport Kruger International geht unsere Reise zuerst nach Maputo in Mosambik. Da man das Visum nur in einer Auslandsvertretung bekommt, entscheiden wir uns für die Option „Visa on Arrival“ – ein Fehler, der uns mehr als drei Stunden Wartezeit vor den beiden Schaltern kostet.

FarbenspielFarbenspiel
Spiel der Farben: Unterwegs über der Küste von Mosambik, nahe Angoche.

Nach eindrucksvollen Flügen über menschenleere Sandstrände und herrlichen Badetagen auf Bazaruto Island und der Ilha de Moçambique tanken wir in Nampula. Tankstopps dauern hier nicht unter zwei Stunden: Rechnungen werden per Hand geschrieben, dazu müssen eine Fülle von Formularen sowie Flugpläne ausgefüllt werden. Für die Gebühren werden meist nur US-Dollar in bar akzeptiert, und es gibt grundsätzlich nie Wechselgeld!

Defekter Zündmagnet: Wir sind zunächst gegroundet

Beim Vorflugcheck am Flughafen Beira offenbart eine unserer Cessnas einen defekten Zündmagneten. Wir bleiben als Gruppe zusammen und sind erstmal gegroundet. Völlig unvermutet finden wir in einem Hangar den Mechaniker Dave, der für die Mission Aviation Fellowship (MAF) arbeitet – ein christliches Missionswerk mit 135 Flugzeugen in 37 Ländern. Markus Möllmann schafft es, noch am selben Nachmittag in Johannesburg die Ersatzteile aufzutreiben und fliegt uns mit der Linie hinterher. Am nächsten Morgen werden mit vereinten Kräften der linke Magnet und der ebenfalls kaputte Anlasser der „206“ ersetzt. Um 11.30 Uhr sind wir dann bereit für unseren langen Flug nach Sasibar – unser Ziel für zwei Nächte. Danach geht es quer durch Tansania am Kilimanjaro vorbei und weiter zum Ngorongoro-Krater.

ZwangspauseZwangspause
Zwangspause: Der Anlasser der Cessna 206 will nicht mehr, und die Zündmagnete sind auch hinüber. Doch fachkundige Hilfe ist schon unterwegs.

Während der nächsten beiden Tage stehen Fotosafaris im Krater auf dem Programm. In nicht enden wollenden Reihen ziehen Gnus langsam am Natronsee vorbei, wir halten inmitten einer Herde von hunderten Zebras an. Plötzlich entdecken wir zwei Hyänen, die ein ausgewachsenes Gnu attackieren. Das Tier ist bereits verletzt, kann sich aber befreien und sucht Schutz bei unseren Fahrzeugen. Wir stehen in unserem Geländewagen und beobachten den Kampf, als zwei Löwinnen, noch ins Gras geduckt, zielstrebig auf uns zukommen.

LöwenLöwen
Auf der Pirsch: Zum Kuscheln sind diese beiden Löwen ganz sicher nicht unterwegs.

Die Hyänen ziehen sich zurück, und dann geht es ganz schnell: Aus zwei Richtungen von den Löwen attackiert, taumelt das Gnu gegen unser Fahrzeug und schlägt mit lautem Krachen neben meiner Frau ein. Keine Sekunde später ist eine der Löwinnen an der Kehle des Gnus, der Kampf ist entschieden. Für einige von uns ist das etwas zu viel Nähe zur Nahrungskette der Savanne.

Ziel der Reise: Die Great Migration

Die friedlichen Elefanten, Antilopen, Giraffen, Flamingos, Strauße und Warzenschweine lenken uns zum Glück rasch ab. Nach dem Besuch eines Massai-Dorfes genießen wir den Sonnenuntergang in unserem Hotel, das direkt am Kraterrand thront und einen grandiosen Ausblick auf diesen magischen Ort ermöglicht.

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Das eigentliche Ziel unserer Reise liegt noch vor uns: Wir wollen die Great Migration sehen, die jährliche Wanderung von schätzungsweise 1,7 Millionen Gnus, 250 000 Zebras und 500 000 Gazellen über eine Strecke von fast 800 Kilometern nach Norden, in die kenianische Masai Mara. Unser geplanter Tankstopp in Arusha fällt wetterbedingt aus, und wir fliegen direkt nach Seronera. Da wir nun Sprit sparen müssen, können wir die Migration nicht aus der Luft suchen. Die riesigen Herden haben die Serengeti bereits verlassen und die Grenze nach Kenia überschritten. Die folgenden Safaris sind spektakulär und fügen unserer Liste noch Flusspferde, Krokodile, Nashörner, Büffel, Leoparden, Geparden, Aasgeier und Adler hinzu.

Durch das schlechte Wetter: Alle Piloten sind IFR-erfahren

Wir wollen weiter nach Zentralafrika zu den Berggorillas. Erst kurz vor dem Abflug bekommen wir die Permits, um direkt nach Kisoro in Uganda zu fliegen – da erspart uns fünf Stunden Autofahrt von Kigali. Nach einem Tankstopp am Viktoriasee starten wir ins schlechter werdende Wetter; tiefe Wolken über ansteigenden Bergrücken und schlechte Sicht mit kräftigen Regenschauern behindern uns. Das vorderste Flugzeug spielt den Pfadfinder und gibt Tipps, in welcher Richtung es heller aussieht. Da wir vier Piloten IFR-erfahren sind und auch die Cessnas funktionierende IFR-Instrumentierung haben, tasten wir uns durch. Unser Fluchtplan wäre: nach oben steigen, umkehren und über dem Viktoriasee aus den Wolken sinken. Doch wir haben Glück, und das Wetter bessert sich.

Der Flugplatz liegt hinter einem See, eingebettet zwischen den hohen Vulkanen des Virunga-Nationalparks. Uganda ist bereits aus der Luft unglaublich schön, und bei unserer Autofahrt zum Hotel zeigt sich Afrika sehr grün. Fröhliche Menschen in farbenfrohen Gewändern und Kinder winken uns mit lautem „Hello!“ zu. Im Bwindi Impenetrable Forest sind von den etwa 600 Berggorillas einige wenige Familien an Menschen gewöhnt. Pro Tag darf nur eine achtköpfige Besuchergruppe zu einer Berggorilla-Familie.

GorillaGorilla
Is’ was? Scheinbar unbeeindruckt geht ein Schimpanse an den Waldbesuchern vorbei.

Fährtensucher spüren sie im Dschungel auf und hacken für uns mit Buschmessern Passagen frei. Träger entlasten uns von unseren Rucksäcken und ziehen uns die rutschigen Hänge wieder nach oben. Als wir angekommen sind, lässt sich die zwölfköpfige Gorillafamilie durch unsere Anwesenheit nicht stören und frisst entspannt saftige Blätter – wir stehen nur wenige Meter von den Silberrücken entfernt. Die Ranger an der Spitze und am Ende der Gruppe sind mit Sturmgewehren bewaffnet – angeblich, um im Notfall Warnschüsse abgeben zu können. Am Nachmittag, nach vielen Kilometern durch steilen Dschungel und einer Stunde bei den Primaten, sind wir mit unseren Kräften am Ende. Aber glücklich!

Im Wohnzimmer von Gorilla & Co.

Der Start am nächsten Tag ist schwierig, da uns der Wind zwingt, in Richtung des ansteigenden Terrains abzuheben. Im Lee eines nahen Hügels rotiere ich mit 60 Meilen – die Stallwarning piept, bis ich meinen 180-Grad-Turn beendet habe. Ich versuche, die Flächen nicht zu belasten und wenige Meter über den Bäumen Geschwindigkeit zu gewinnen. Nach meiner Warnung steigen die anderen soweit es geht und drehen erst in sicherer Höhe.

LandebierLandebier
Guter Mix: Der Autor und seine Frau mit Landebier am Ende der Reise – natürlich bekommt auch die Cessna etwas zum Anstoßen.

In Ruanda tanken wir aus Wochen vorher bestellten Fässern Avgas und überfliegen anschließend Burundi, um im Nationalpark am gewaltigen Lake Tanganyika (680 Kilometer Länge, 70 Kilometer Breite) in einer traumhaften Lodge am Seeufer unseren letzten Stopp zu genießen. Jane Goodall, die weltbekannte Verhaltensforscherin, hatte hier in den sechziger Jahren bereits Schimpansen studiert. Auf einer Wanderung zu ihnen tragen wir OP-Masken, die wir aufsetzen, sobald wir im Wald auf die Tiere treffen, um sie vor Infektionen zu schützen. Wieder zurück würden wir gern in den See springen, um uns abzukühlen. Leider gibt es dort Krokodile – wir verzichten.

Verlorener Tankdeckel: Wir müssen kreativ werden

Unser letzter Tankstopp in Tansania führt uns nach Tabora. Ein verlorener Tankdeckel an einer 206 zwingt uns, kreativ zu sein. Wir verkleben die Tanköffnung über die ganze Tiefe des Flügels mit etlichen Streifen Gewebeband, in der Hoffnung, dass der Sprit im Tank bleibt. Kurz gesagt: Es funktioniert nicht. Der Tankwahlschalter bleibt daher auf dem lecken Tank, bis der Motor stottert, um dann zu entscheiden, ob der andere Tank bis zu unserem Ziel reichen wird.

Da er voraussichtlich nur knapp reichen würde, muss Thomas nun doch den geplanten Ausweich-Tankstopp ansteuern, während wir Anderen weiterfliegen. Doch wir erreichen alle am selben Abend unser Ziel Mombasa, in Kenia. Am nächsten Morgen wird dort eine andere Gruppe unsere Flieger übernehmen und sich mit ihnen auf einer ähnlichen Route auf den Rückweg nach Süden machen. Am Ende liegen Landungen in sechs Ländern nach knapp 4000 Nautischen Meilen und 36 Flugstunden hinter uns – und unvergessliche Erlebnisse.

Text & Fotos: Robert Di Blasi

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