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Fünf schwierige Flugplätze: Welche Zusatzqualifikationen sind nötig?

Wasserkuppe, Helgoland-Düne, Samedan – Manche Flugplätze sind besonders anspruchsvoll anzufliegen. Sie erfordern zusätzliche Qualifikationen über die Pilotenlizenz hinaus.

Von Martin Schenkemeyer
Berg der Flieger Jahrzehntelang ging der Betrieb an der Wasserkuppe gut – nach einem tödlichen Unfall 2018 ist mittlerweile eine zusätzliche Einweisung nötig. Bild: Markus Rheinländer, Harald Jörges

Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein? Diese Frage mag sich so mancher Pilot bei der Flugvorbereitung stellen, wenn das Ziel ein Flugplatz mit besonderen Anforderungen an die Qualifikation des Flugzeugführers ist. Damit die Antwort auf die eingangs gestellte Frage nicht wie in einem deutschen Popsong mit »Jein«, sondern einem eindeutigen »Machen!« beantwortet wird, wollen wir die Anforderungen einiger schwieriger Flugplätze genauer betrachten.

Denn nicht überall bleibt es der Verantwortung des Piloten überlassen, für wie qualifiziert er sich hält. Hier kommt eine kleine Übersicht von schwierigen Flugplätzen.

Schwierige Flugplätze anfliegen: Manchmal sind zusätzliche Anforderungen notwendig

Warum gibt es überhaupt Flugplätze, bei denen angenommen wird, dass ein lizenzierter Pilot trotz intensiver und anspruchsvoller Flugausbildung nicht ohne weiterführende Schulung auf ihnen landen oder starten kann? Reicht es nicht aus, Besonderheiten bei An- und Abflug in der AIP anzugeben und darauf zu vertrauen, dass der Pilot diese im Rahmen der Flugvorbereitung zur Kenntnis nimmt? Scheinbar nicht immer. Bekannte Beispiele für solche Landeplätze sind etwa die Hochseeinsel Helgoland, der Engadin-Airport im schweizerischen Samedan oder aber die Wasserkuppe in der Rhön.

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Verkehrssicherungspflicht: Ein Flugplatz ist kein Spielplatz

Solche Plätze haben kurze Start- und Landebahnen, oft mit erheblicher Quer- und Längsneigung, anspruchsvolles Gelände oder große Höhe. Und sie haben oft eines gemeinsam: Es hat bei ihnen schon schwere Unfälle gegeben, die zusätzliche Anforderungen sinnvoll erscheinen ließen. 

Flugplatz Ithwiesen (EDVT): Herausforderndes Terrain

Auch wenn es manchmal wie eine reflexartige und übertriebene Reaktion auf solche Ereignisse erscheinen mag, halten es Luftfahrtbehörden oder Flugplatz-Betreiber oft für sinnvoll, Piloten in gesonderten Schulungen auf Gefahren bei An- und Abflug aufmerksam zu machen.

In Ithwiesen sind Landungen nur bergauf und Starts bergab möglich – deshalb sind 100 Stunden Flugerfahrung oder eine Einweisung verpflichtend.

Ein Beispiel ist der Flugplatz Ithwiesen (EDVT) im Weserbergland. Der auf dem Kamm des Höhenzugs Ith gelegene Landeplatz hat eine lange Tradition als Segelfluggelände und ist seit 2011 auch als Sonderlandeplatz für Motor- und Ultraleichtflugzeuge bis zwei Tonnen MTOM zugelassen. Für Motorflugzeuge gibt es zwei Pisten. Die nur 360 Meter lange Bahn 18/36 steigt in Richtung Süden um 50 Fuß an. Die mit 570 Metern etwas längere Piste 14/32 hat gar ein Gefälle von fast 100 Fuß. Starts sind somit nur bergab auf den Pisten 14 und 36 und Landungen bergauf auf den Pisten 18 und 32 möglich.

Schwerer Unfall auf der Wasserkuppe – drei Passanten getötet

Als vor zehn Jahren die Zulassung zum Sonderlandeplatz anstand, haben sich der Luftsportverein Ithwiesen (LSV) als Betreiber und die zuständige Landesluftfahrtbehörde dazu entschieden, den Platz nur für Piloten mit einer Gesamtflugerfahrung von mindestens 100 Stunden zuzulassen. Alternativ kann eine Einweisung durch einen ortskundigen Fluglehrer erfolgen. »Unserer Erfahrung nach führen die Anforderungen dazu, dass sich anfliegende Gäste intensiver mit den Gegebenheiten vor Ort beschäftigen«, sagt Thomas Bremer vom LSV Ithwiesen. Das Konzept zeigt Erfolg: Bislang habe es keine nennenswerten Unfälle gegeben.

Auf der Wasserkuppe (EDER), dem »Berg der Flieger«, ist die Situation leider anders. Nachdem im Oktober 2018 eine Cessna 172 bei einem missglückten Durchstartversuch über die Piste hinausschoss und dabei drei Passanten tötete, durften externe Piloten den Platz zunächst gar nicht mehr anfliegen. Das Gelände in der Rhön ist durchaus anspruchsvoll. Es liegt knapp 3000 Fuß über dem Meeresspiegel und ist damit Deutschlands höchstgelegener Sonderlandeplatz.

Bei entsprechenden Temperaturen steigt die Dichtehöhe. Hinzu kommt reger Segelflugverkehr rund um die Wasserkuppe und eine Piste mit starker Längsneigung. Gelandet werden kann nur auf der im Verlauf 96 Fuß ansteigenden Piste 24, wobei eine Landestrecke von 641 Metern zur Verfügung steht. Nach dem Unfall erarbeitete der Platzhalter gemeinsam mit dem zuständigen Regierungspräsidium Kassel Auflagen, die den Anflug auswärtiger Flugzeuge heute wieder ermöglichen.

Wer auf der Wasserkuppe landen will, muss eine Einweisung machen

So müssen Piloten vor einem Anflug nachweisen, dass sie in den letzten drei Jahren drei Starts und Landungen auf der Wasserkuppe im Flugbuch stehen haben. Ist dies nicht der Fall, so muss eine Einweisung mit einem ortskundigen Fluglehrer gemacht werden. Sie wird von der Fliegerschule Wasserkuppe angeboten, dauert etwa einen Tag und kostet 200 Euro. Durch Nachweis der drei Landungen und nach Abschluss der Einweisung erhalten Piloten eine Bescheinigung mit einer Berechtigungsnummer, die beim ohnehin obligatorischen PPR-Antrag genannt werden muss.

Der Trainingsplan für die Einweisung sieht neben einem theoretischen Teil eine praktische Einweisung mit mindestens drei Starts und Landungen vor. Dazu gehören auch zwei Durchstartübungen. Ein Programm, das zum einen vor allem lehrreich ist, aber sicher auch Spaß bereitet.

Ein schwieriger Flugplatz: Airport Samedan (LSZS)

Hinzu kommt, dass inzwischen lediglich mit FLARM ausgerüstete Flugzeuge den Platz in der Rhön anfliegen dürfen. Harald Jörges, Ausbildungsleiter der Fliegerschule und Beauftragter für Luftaufsicht, zeigt sich mit dieser Lösung zufrieden: »Wir als Betreiber begrüßen diese Auflage, da es dadurch möglich geworden ist, dass Luftfahrzeuge, die nicht auf der Wasserkuppe stationiert sind, den Platz wieder anfliegen können.« Nach der Einweisung kann die Berechtigung wiederum durch drei Starts und Landungen in den darauf folgenden drei Jahren aufrecht erhalten werden.

Hochalpin:  Der Flugplatz von Samedan im Schweizer Engadin hat eine Elevation von 5602 Fuß und ist von Bergen umgeben. An- und Abflug folgen dem Talverlau.

Ähnlich hohe Anforderungen stellt der Airport im schweizerischen Samedan (LSZS) an auswärtige Piloten, die auf dem in einem malerischen Alpental gelegenen Flugplatz landen wollen. Mit einer Elevation von 5602 Fuß ist Samedan der höchstgelegene reguläre Flugplatz in Europa. Neben einem Self-Briefing mit anschließendem Online-Test ist ein Einweisungsflug mit einem ortskundigen Fluglehrer Pflicht. Das kann allerdings auch nach der ersten Landung in Samedan erfolgen. Verzeichnet man anschließend 24 Monate keinen Touchdown im Engadin, muss die praktische Einweisung mit Fluglehrer aufgefrischt werden.

In Samedan sind auch viele Businessjets unterwegs

Das im Anschluss an den Online-Test ausgestellte Zertifikat hat der Pilot stets mit sich zu führen. Der nahe St. Moritz gelegene Airport ist in der Tat ein anspruchsvoller Flugplatz. Er ist von Bergen umgeben, die bis zu 12 306 Fuß hoch sind.

Im Sommer sind große Dichtehöhen eine Herausforderung, im Winter Schnee und Eis. Ganzjährig stellen bisweilen starke Winde mit Turbulenz, zeitweise niedrige Wolkenuntergrenzen und ein hohes Verkehrs-
aufkommen rund um den Flugplatz hohe Anforderungen. Neben Segel- und Motorflugzeugen ist auch eine Vielzahl von Businessjets in Samedan unterwegs. Vom nahen St. Moritz schweben immer wieder Helikopter herein. Da erscheint ein erweitertes Self-Briefing durchaus sinnvoll. Vom anschließenden Test sollte sich niemand abschrecken lassen. Wer das Briefing aufmerksam liest, hat mit den 29 Fragen keinerlei Probleme.

Nicht ganz einfach: Flugplatz Helgoland-Düne hat besonders kurze Pisten

Im Kontrast zu den hohen Bergen der Schweizer Alpen steht der Flugplatz Helgoland-Düne (EDXH) auf Deutschlands einziger Hochseeinsel. Zwar prägen hier keine schneebedeckten Gipfel das Landschaftsbild, aber dennoch wartet auf Piloten die eine oder andere Herausforderung.

Kurz und böig: Auf Deutschlands einziger Hochseeinsel Helgoland ist die Kombination
aus Landebahnlängen und Wind besonders anspruchsvoll.

Insgesamt gibt es auf der kleinen Insel Helgoland Düne, die der Hauptinsel vorgelagert ist, drei betonierte Pisten. Die längste Piste 15/33 bietet gerade mal eine verfügbare Landestrecke von 480 Metern. Auf der kürzesten Piste 06/24 muss man in 258 Metern zum Stillstand kommen. Das Landen auf derart kurzen Pisten will vorab geübt sein. Hinzu kommen oft böige Winde auf hoher See, die den Anflug zu einer besonderen Herausforderung machen, aber auch die Strecken verkürzen können.

Je nach Flugweg und Flugzeug sind Flüge über dem offenen Meer für 20 Minuten und länger auf dem Weg nach Helgoland normal, sodass das Tragen von Rettungswesten während des Überflugs für alle Insassen an Bord obligatorisch ist.

Bedingung für den Flugplatz Helgoland: 100 Stunden Flugerfahrung

Luftfahrer, die sich EDXH als Ziel aussuchen, müssen 100 Stunden als verantwortlicher Flugzeugführer im Logbuch stehen haben, bevor sie Helgoland anfliegen dürfen. Für dreiachsgesteuerte Ultraleichtflugzeuge und Motorsegler gilt eine Flugplanpflicht. Gewerblicher Flugverkehr darf nur mit zweimotorigen Flugzeugen durchgeführt werden. Piloten dieser Flugzeuge müssen zuvor Einweisungs- und Probeflüge auf dem jeweiligen Muster absolvieren.

Nichtsdestotrotz ist ein Flug nach Helgoland kein Hexenwerk. Wer sein Flugzeug punktgenau landen kann und auch vor böigen Winden nicht zurückschreckt, wird keine Probleme haben. Eine gewisse Flugerfahrung schadet jedoch ob der genannten Umstände sicher nicht.

Ciry-Airport Mannheim zählt zu den schwierigsten Flugplätzen

Am City-Airport Mannheim (EDFM) betreffen die erhöhten Anforderungen lediglich IFR-Piloten. Wer den Verkehrslandeplatz nach Instrumentenflugregeln anfliegen möchte, muss drei Starts und Landungen unter Aufsicht eines Fluglehrers durchführen. Außerdem ist ein Flug bei Nacht innerhalb von zwölf Monaten nach dem ersten Einweisungsflug Pflicht.

Alternativ kann das Training in einem Simulator erfolgen. Um die dadurch erworbene Berechtigung, Mannheim auch nach IFR anfliegen zu dürfen, aufrechtzuerhalten, muss mindestens ein IFR-Anflug pro Halbjahr stattfinden. Hintergrund dieser Auflage sind die beengten Platzverhältnisse am Airport: Die von der EASA für die betreffende Airport-Kategorie geforderten Sicherheitsstreifen am Ende und seitlich der Piste sind zum Teil nicht gegeben. Auch ist der Anflugpfad steiler als drei Grad.

Die zuständige Behörde erstellte basierend auf einem Gutachten mit dem Flugplatzbetreiber  das beschriebene Trainingsprogramm für IFR-Piloten. Dirk Eggert, Leiter der Flugsicherung und Mitglied der Geschäftsleitung, räumt ein, dass die Anforderungen einschränkend sind. Aus diesem Grund sucht der Airport nach einer besseren Lösung. »Wir arbeiten an einem alternativen Training für IFR-Piloten, das die drei Anflüge möglicherweise überflüssig macht«, so Eggert. In der Praxis lassen sich die Sonderauflagen nämlich umgehen, indem der IFR-Flug kurz vor der Landung aufgehoben und nach Sichtflugregeln gelandet wird – was der Flugsicherheit nicht zuträglich ist.

Immer im Blick: Die maximale Flugsicherheit

Ob sich diese sich durch derartige Auflagen überhaupt verbessert, wird in Pilotenkreisen teils kontrovers diskutiert. Fest steht, dass die hier genannten Flugplätze erhöhte Ansprüche an das Können von Piloten stellen, die diese Landeplätze nutzen möchten. Die äußerst sachlich und einheitlich daherkommenden Informationen aus der AIP bilden diese Besonderheiten nicht immer hinreichend ab. Letztlich verfolgen sowohl Behörden als auch Flugplatzbetreiber ein edles Ziel, nämlich maximale Flugsicherheit zu schaffen.

Um dieses Ziel zu erreichen, sollte einen der ein oder andere Einweisungsflug oder das Absolvieren eines Online-Briefings nicht abschrecken. Und dennoch muss dabei grundsätzlich gelten: Je pilotenfreundlicher die Auflagen sind, desto besser. Mit überbordender Bürokratie ist niemandem geholfen, schon gar nicht der Flugsicherheit. Den fliegerischen Horizont erweitert die Beschäftigung mit und der Anflug von solchen Flugplätzen in jedem Fall. Und so beantwortet der ein oder andere Pilot die eingangs gestellte Frage in Zukunft hoffentlich mit einem klaren »Machen!«.

Text: Martin Schenkemeyer

Über den Autor
Martin Schenkemeyer

Martin Schenkemeyer begann im Jahr 2007 mit dem Segelfliegen. Inzwischen ist er ATPL-Inhaber und fliegt beruflich mit Businessjets um die ganze Welt. In seiner Freizeit ist er als Vorstand seines Luftsportvereins tätig und fliegt an seinem Heimatflugplatz Bad Pyrmont Segelflugzeuge, Ultraleichtflugzeuge und Maschinen der E-Klasse. Für das fliegermagazin ist der Fluglehrer seit 2020 als freier Autor tätig und beschäftigt sich hauptsächlich mit Themen rund um die Flugsicherheit.

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