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Flugplatz Stölln/Rhinow – EDOR


Stölln/Rhinow ist nicht nur der älteste Flugplatz der Welt, sondern auch Schauplatz der Bundesgartenschau 2015 – und das noch bis Oktober

Von Redaktion

Landen im Grünen ist für Freunde einer Graspiste ja nichts Besonderes. Aber über einem ausgedienten Airliner einschweben und dann mitten im Blumenmeer einer Bundesgartenschau aufsetzen – das erfreut das Fliegerherz sicher nicht alle Tage. Vom 18. April bis zum 11. Oktober findet in Brandenburg die Bundesgartenschau, kurz BUGA, statt. Erstmalig wird sie gleich von fünf Städten ausgerichtet, darunter der Gemeindeverbund Amt Rhinow – und damit der Flugplatz Stölln/Rhinow (EDOR). Auch der ist etwas Besonderes: Hier, am Gollenberg, unternahm Flugpionier Otto Lilienthal 1893 seine ersten längeren Gleitflüge – auch sein letzter Flug am 9. August 1896, der mit einem Absturz endete und ihn das Leben kostete, fand am Gollenberg statt.

Lilienthal zu Ehren wurde im Oktober 1989 eine Passagiermaschine des Typs Iljuschin II-62 der Interflug nach Stölln überführt. Sie trägt den Namen „Lady Agnes“, benannt nach der Frau des Pioniers. Auf dem 1,4 Hektar großen Fliegerpark-Gelände dreht sich alles um die Lady. Der Flugplatz bezeichnet sich wegen seiner Geschichte als „ältester Flugplatz der Welt“, gibt sich aber ansonsten durchaus bescheiden. Betrieben wird er von den rund 110 Segelfliegern des Flugsportvereins Stölln/Rhinow. Man ist stolz auf das Erbe, und auch wenn die Segelflieger klar Oberwasser haben, sind motorbetriebene Maschinen auf dem Platz im Havelland gerne gesehen. Einzige Einschränkung: EDOR ist nur für Flugzeuge bis zwei Tonnen MTOM zugelassen.

Einzige Einschränkung: EDOR ist nur für Flugzeuge bis zwei Tonnen MTOM zugelassen

Vorherige Anmeldung muss allerdings sein, es gilt PPR, doch an den Wochenenden ist das reine Formsache, sagt Vereinssprecher Sebastian Heinzel. Bei VFR-Wetter ist immer jemand da. Einmal auf dem Platz eingetroffen, helfen die Segelflieger gerne mit Restaurant- und Übernachtungstipps weiter. Im Ort selbst bietet der Landgasthof „Zum 1. Flieger“ Gästebetten und regionale Gerichte. Auch im Hotel und Restaurant Schwalbennest gibt es Übernachtungsmöglichkeiten. Im Dorf betreibt der Otto-Lilienthal-Verein Stölln das dem Flugpionier und der Luftfahrtgeschichte gewidmete Museum in einer ehemaligen Schnapsbrennerei. Hier sind Nachbauten von Lilienthals Gleitern zu sehen, samt technischer Erläuterungen, Zeichnungen und Bildern. Wer mehr über den Flugpionier erfahren möchte, kann an einer vom Verein organisierten Wanderung über den Gollenberg teilnehmen.

Auftrieb: Auf dem Flugplatz Stölln ist nicht immer so viel los wie an Wettbewerbstagen der Segler (Foto: Sebastian Heinzel)

Dem Verein gehört auch die auf dem Gollenberg geparkten Lady Agnes, in der eine Ausstellung über die Geschichte der DDR-Fluglinie Interflug zu sehen ist. Der alte Airliner ist aber nicht nur Museum und ein zentrales Ausstellungsstück der BUGA, sondern darüber hinaus auch Außenstelle des Standesamts: 868 Brautpaare haben sich hier bereits das Ja-Wort gegeben. In diesem Jahr kommen nun die Blumen dazu: Brandenburg an der Havel, Premnitz, Rathenow, Amt Rhinow und Hansestadt Havelberg liegen allesamt mitten im Naturpark Westhavelland und laden bis Oktober zur großen Blumen- und Gartenschau ein. Jeder Teilnehmerort besticht dabei mit seinen ganz eigenen Reizen, die aber erst in der Gesamtschau das Bild der BUGA vermitteln.

Der Flugplatz bezeichnet sich wegen seiner Geschichte als „ältester Flugplatz der Welt“

Wer also einen Ausflug nach Stölln und ins Havelland plant, sollte genügend Zeit mitbringen, um sich mehr als nur einen Schauplatz der Bundesgartenschau anzusehen. Vom südlichen Startpunkt der BUGA, Brandenburg an der Havel, bis ans nördliche Ende, der Hansestadt Havelberg, sind es rund 90 Straßenkilometer. Schneller geht es natürlich mit dem Flugzeug. Immer an der Havel entlang, lassen sich die BUGA-Städte wunderbar aus der Luft betrachten. Wer mit der eigenen Maschine anreist, bekommt vor Ort von den Stöllner Segelfliegern sicherlich noch den einen oder anderen Insider-Tipp. Und auch wer eine Mitflug-Gelegenheit sucht, um sich die Gartenschau von oben anzusehen, wird bestimmt fündig.

Spannender und informativer dürfte es aber sein, die Städte am Boden zu erkunden. Los geht es im Süden mit Brandenburg/ Havel. Die Stadt wartet mit Blumenhallenschauen in einer ehemaligen Klosterkirche, 33 Themengärten und einer mehr als 13 Hektar großen Parkanlage auf dem Marienberg auf. Die Kleinstadt Premnitz mit ihren gerade mal 8500 Einwohnern präsentiert üppige Blumenwelten direkt am Wasser, vor allem die begrünte Uferpromenade, ein ehemaliger Kohlehafen. Rathenow, die 25 000 Einwohner zählende „Stadt der Optik“, bietet mit dem 13 Hektar großen Optikpark eine besondere touristische Attraktion.

Genug von BUGA, Blumen und Blüten, aber immer noch Zeit und Lust, die Region an Havel und Elbe zu erkunden?

Er war bereits Standort einer Landesgartenschau und zeigt unter dem Motto Natur-Kultur-Entspannung von Blüten umgebene Farbpyramiden, begehbare Farbräume und idyllische Havelfloßfahrten. Die BUGA-Route endet in Havelberg. Hier ist bereits Sachsen-Anhalt, die Altmark. Um die Stadtkirche St. Laurentius herum sind insgesamt 18 opulente Blumenschauen zu erleben. Für Naturfreunde ist das „Haus der Flüsse“ spannend, das sich dem Biosphärenreservat Mittlere Elbe widmet. Losgelöst von der BUGA und nicht minder sehenswert ist neben den traditionsreichen Hansestädten Stendal und Salzwedel vor allem das direkt an der Elbe gelegene Tangermünde mit der alten Burg, die im 14. Jahrhundert Kaiser Karl IV. als Residenz diente. Literaturfreunde kennen Tangermünde aus Theodor Fontanes Novelle „Grete Minde“.

Markant: Rathenow mit der Kirche St. Marien-Andreas liegt direkt an der Havel und ist ein Veranstaltungsort der BUGA (Foto: BUGA)

Genug von BUGA, Blumen und Blüten, aber immer noch Zeit und Lust, die Region an Havel und Elbe zu erkunden? Es gibt noch viel zu sehen. Den Ritter von Kahlbutz (oder auch Kalebuz) etwa – eine ganz besondere Skurrilität, die Besucher von weither anzieht. Der Legende nach soll der Ritter aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert einen unmoralischen Lebenswandel gehabt haben. Vor Gericht des Mordes beschuldigt, leugnete er die Tat und schwor: „Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nie verwesen.“ Das Ergebnis ist noch heute in der Gruft der Kirche Kampehl zu besichtigen – die mumifizierte Leiche des Ritters.

Es lohnt sich, ein paar Tage mehr für einen Besuch in EDOR einzuplanen

Weniger gruselig geht es in Großderschau zu. Hier kann man den zum Museum umfunktionierten Kolonistenhof besichtigen, der die Besiedlung und Urbarmachung der Region durch die Preußenkönige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. zum Thema hat. Exotisch dagegen der Straußenhof, ebenfalls in Großderschau, wo die aus Afrika stammenden Großvögel gezüchtet werden. Im Hofladen gibt es Eier sowie Wurst und Steaks zu kaufen – all das kann man aber auch vor Ort im Restaurant genießen.

Edle Tiere ganz anderer Art gibt es in Neustadt/Dosse. Dort steht das von Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. gegründete Brandenburgische Haupt- und Landgestüt, in dem noch heute erfolgreiche Spitzenpferde gezüchtet. Das wegen seiner klassizistischen Architektur „Sanssouci der Pferde“ genannte Gestüt ist auch dem Pferdelaien bekannt wegen seiner Pferdeshows und der Hengstparaden im Herbst. Es lohnt sich, ein paar Tage mehr für einen Besuch in EDOR einzuplanen.

Stölln/Rhinow – Tipps und Infos

  • BUGA: Die Bundesgartenschau läuft bis zum 11. Oktober; Ausrichter sind Brandenburg an der Havel, Premnitz, Rathenow, Amt Rhinow und Hansestadt Havelberg. Tageskarten kosten für Erwachsene 20 Euro, damit kommt man auf alle Ausstellungsflächen in den Parks, in die Veranstaltungen aller BUGA-Gelände sowie in die 36 Blumenhallenschauen in der Kirche St. Laurentius in Havelberg und der Kirche St. Johannis in Brandenburg/Havel. Alle Informationen dazu bietet die Website www.buga-2015-havelregion.de
  • Unterkünfte: In unmittelbarer Nähe zum Flugplatz gibt es das Schwalbennest, www.hotel-schwalbennest-stoelln.de, und den „1. Flieger“, www.erster-flieger.de.
  • Sehenswertes: Für alle über das fliegerische Angebot in Stölln hinausgehende Fragen empfiehlt sich der Tourismusverband Havelland als Ansprechpartner. Ein Restaurant- und Hotelverzeichnis sowie viele Ausflugstipps findet man unter www.havelland-tourismus.de. Alles über den Flugpionier Lilienthal weiß der Otto-Lilienthal-Verein Stölln, der die Ausstellung im alten Brennerei-Gebäude zu Stölln organisiert und Eigentümer der „Lady Agnes“ ist: www.otto-lilienthal.de.
  • Der Flugplatz selbst bietet außer einem Volleyballplatz keine weiteren Freizeitaktivitäten an (vom Flugsport natürlich abgesehen). Dafür hat die Umgebung einiges zu bieten. Weiterführende Links: Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt: www.neustaedter-gestuete.de; Filmtierschule: www.filmtierschule-harsch.de/; Kolonistenhof: www.grossderschau.de; Straußenhof mit Cafe: www.der-straussenhof.de; Ritter von Kalebuz: www.kalebuz.de

Text: Theo Weisenburger, fliegermagazin 6/2015