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Oldtimer-Nachbau: Bücker Bü 113PA Jungmeister

Eine Jungmeister mit schmaler Schnauze? Ja, die gab’s wirklich, sogar mehrfach! Dieser Nachbau greift die Motorisierung der ersten Bü 133 auf.

Von Redaktion
Oldtimer-Nachbau: Bücker Bü 113PA Jungmeister
Modernisiert: Radverkleidungen und Spinner geben dem Klassiker eine besondere Note, auch die Lackierung ist atypisch für eine Bücker.

Ein sonniger, kalter Tag Anfang des Jahres. Auf dem Flugplatz Temploux-Suarlée bei Namur in Belgien öffnen sich die Tore eines Hangars. Licht fällt hinein und lässt eine einzigartige Flugzeugsilhouette erstrahlen: eine Jungmeister mit Reihenmotor!

Benoît Dierickx, der Besitzer, öffnet die Motorhaube und taut den Sechszylinder mit Warmluft aus einer externen Vorheizung auf. Fürs Motoröl ist eine eingebaute elektrische Vorwärmung zuständig. Ohne diese Maßnahmen geht bei solchen Temperaturen nichts.

Oldtimer Bücker Bü 133PA Jungmeister: ein modernisiertes Flugzeug

Über den Modellflug kam Benoît schon früh mit der Luftfahrt in Berührung. Er lernte Segelfliegen, wurde Motorflieger und Berufspilot. Für Sabena flog er Fracht, bis die staatliche Fluggesellschaft 2001 Konkurs ging. Es folgten Berufspilotenjobs weltweit, bevor der Belgier in sein Heimatland zurückkehrte und bei TUIFly Kapitän auf Boeing 737 wurde.

Schon als Modellbauer hatte er sich in die Doppeldecker von Bücker verliebt. Er flog ferngesteuerte Jungmann und Jungmeister, eine Bü 133 war halb so groß wie das Original. Als Modellflieger gewann er mehrmals die Belgische Kunstflugmeisterschaft. In den manntragenden Kunstflug stieg Benoît 2010 mit einer Stampe SV-4 ein. Es war um diese Zeit herum, als er in Polen die Reihenmotor-Jungmeister von Janusz Karasiewicz entdeckte.

Kunstflugtauglich: Im Rheienmotorrumpf ist ein leistungsstarker Motor verbaut

Dessen Firma Historical Aircraft Services hatte in den späten neunziger Jahren die Bücker Jungmann auf Basis der tschechischen Tatra-Lizenz neu aufgelegt und mit Vierzylinder-LOM-Motoren des Typs M 332 AK versehen. Krönen wollte er sein Werk mit einer Jungmeister, für sich selbst, angetrieben von einem Reihenmotor, genau wie der Prototyp von 1935 sowie 15 nach Spanien exportierte Maschinen, die ebenfalls mit Hirth HM 506 ausgerüstet worden waren. Doch Karasiewicz kam 2006 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben; fast hätte er sein Jungmeister-Projekt vollenden können. Das zu 95 Prozent fertige Flugzeug verschwand in einem Schuppen. Dort fand Benoît es vor: ohne Motor und einige andere Teile wie Bremsen und Instrumente.

MesserflugMesserflug
Im Messerflug besser? Der Reihenmotorrumpf bietet viel Seitenfläche vor dem Schwerpunkt – und der LOM ist stärker als der Sh-14-Sternmotor.

Als Triebwerk war ein LOM M337 vorgesehen, den man vor allem von Zlin-Flugzeugen kennt. Der Sechszylinder hat mehr Leistung als der ebenfalls sechszylindrige HM 506, 195 statt 160 PS, per Kompressor sind fünf Minuten lang sogar 225 PS möglich. Der LOM läuft mit Avgas oder Mogas. Dank Trockensumpfschmierung mit Rückenflug-System ist er kunstflugtauglich. Betreibt man den Motor im Kunstflug, beträgt die TBO 1400 Stunden, bei Normalbetrieb 2000.

Neu ist er teuer: Auf der Suche nach einem gut gebrauchten M337

Die Beschaffung eines M337 erwies sich aber als schwierig. Neu ist er ziemlich teuer, und einen guten gebrauchten muss man erst mal finden. Im kanadischen Ontario stieß Benoît 2012 schließlich auf einen. Die polnische Jungmeister war immer noch zu haben, und so kaufte Benoît beides, Flugzeug und Motor. Zu Hause in Belgien halfen ihm Freunde beim Aufmontieren in einer Scheune. Berechnungen hatten ergeben, dass der Schwerpunkt mit dem vorgesehene Avia-V500-Verstellpropeller zu weit vorn sein würde für gute Kunstflugeigenschaften. Sollte die Wendigkeit der Original-BÜ-133 erhalten bleiben, kam nur ein leichter Holzpropeller in Frage.

FeststellpropellerFeststellpropeller
Herausforderung: Trotz langer Nase liegt der Schwerpunkt weit genug hinten. Geholfen hat unter anderem ein leichter Festpropeller aus Holz.

Da sich in Belgien niemand mit LOM-Motoren auskannte, verfrachtete Benoît den Flieger und das Triebwerk nach Tschechien, wo Zlin-Avion Service in Otrokovice die Endmontage vornahm. Von Zlin-Chef Milan Jančář kam etwa der Rat, den Öltank zwischen den Pedalen zu platzieren, so weit hinten wie möglich. Leichtbauteile wie ein Ölkühler aus Aluminium oder eine Lichtmaschine von B & C (USA) halfen, vor dem Schwerpunkt Gewicht zu sparen. Gewicht und Einfachheit waren für Benoît auch der Grund, weshalb er ein Modellbau-Servo nahm, um den Kompressor zu regeln – mit einem Schalter, der in den Gashebel integriert ist. Die leichte Motorhaube mit dem modern wirkenden NACA-Einlauf, der die Luft zum Ölkühler leitet, stammt von Zlin.

Schwerer als das Original: Die Jungmeister bring 40 bis 50 Kilo mehr auf die Waage

Mit Motoröl bringt das Flugzeug rund 500 Kilo auf die Waage. Das sind 40 bis 50 Kilo mehr als die Original-Sternmotor-Jungmeister mit Siemens-Halske/BRAMO Sh 14A-4 (160 PS). 20 bis 25 Kilo Gewichtsunterschied sind wohl auf den LOM zurückzuführen, der Rest auf die dickeren Rumpfrohre, deren Wandstärke einen Millimeter beträgt (die früheren 0,7er Rohre waren nicht mehr verfügbar), das elektrische System mit Lichtmaschine, Anlasser, Batterie, Funk und Transponder sowie zu einem geringen Teil auch auf die Hochglanz-Lackierung.

Beide BückerBeide Bücker
Beides Bücker: Die Jungmann mit Vierzylinder-LOM (vorn) stammt ebenfalls von Janusz Karasiewicz. Ursprünglich wurden 40 Prozent der Bü-131-Teile in der Jungmeister verbaut.

Alle Maßnahmen, das Gewicht niedrig zu halten und den Schwerpunkt nach hinten zu bekommen, haben schließlich dazu geführt, dass er exakt in der Mitte des zulässigen Bereichs liegt – ohne Trimmgewicht. Zeit für den Fotoflug, den Benoît nutzen möchte, um etwas Kunstflug zu üben. Was für eine Chance, die Anmut dieser einmaligen Maschine mit der Kamera festzuhalten! Lassen wir den Piloten erzählen, wie sich seine Reihenmotor-Jungmeister fliegt, die er zu Ehren ihres Erbauers mit dem Namenszug „Januszek“ versehen hat.

Gute Sicht: Trotz Rheinmotor muss Zick-Zack-Gefahren werden

Am Boden ist die Sicht nach vorn besser als mit Sternmotor. Trotzdem muss man zick-zack rollen, das Hauptfahrwerk ist hoch, die Bodenstandslage steil. Sowohl beim Rollen als auch bei Start und Landung muss das Spornrad verriegelt sein. Schiebt man das Gas rein, ist die Maschine nach etwa 150 Metern vom Boden weg. Geradeaushalten in Drei-Punkt-Lage ist einfach; drückt man den Knüppel nach vorn, kommt das Heck sofort hoch. Bei zirka 100 km/h wird rotiert, die Geschwindigkeit fürs beste Steigen, 135 bis 140 km/h, ist schnell erreicht. Dann geht’s mit acht Metern pro Sekunde aufwärts. Dabei dreht der LOM mit zugeschaltetem Kompressor um 2550 rpm, ungefähr 50 Umdrehungen pro Minute mehr als im Stand. Ohne Kompressor beträgt die Standdrehzahl 2400 rpm.

RichtungsstabilitätRichtungsstabilität
Gedrungen: Auch mit Reihenmotor wirkt die Bü 133 äußerst potent. Die Richtungsstabilität hat unter der langen schmalen Schnaze nicht gelitten.

Die Firma Performance Propellers USA hat die Blätter so geformt, dass sie sich bei höherer Drehzahl verwinden, wodurch die Steigung zunimmt – ein leichter Constant-Speed-Effekt. So steigt die Drehzahl im Reiseflug bei 180 km/h und 22 inch Ladedruck nicht über 2500 rpm. Natürlich ist der Prop auf Steigleistung und Kunstflug ausgelegt, nicht für den Reiseflug – bei maximaler Dauerleistung erreicht der Motor das Drehzahllimit. Genau so war das beabsichtigt, als Propeller-Bauer Frank Johnson für die Berechnung der Geometrie Daten und Eigenschaften von Motor und Flugzeug wollte. Es ist erstaunlich, wie gut er die Wirklichkeit getroffen hat. Übrigens läuft der LOM-Sechszylinder so weich, dass er jemandem, der Vierzylinder gewohnt ist, fast schon wie eine Turbine vorkommt.
Ein tolles Gefühl!

Kunstflugtauglich: Die Ruder der Jungmeister brauchen nur wenig Steuerdruck

Für einen Loop aus dem Horizontalflug genügen 200 km/h Eingangsgeschwindigkeit, für eine Avalanche, also einen Loop mit gerissener Rolle im Scheitelpunkt, sollten es 220 km/h sein. Das Flugzeug braucht um alle Achsen sehr wenig Steuerdruck, und die Ruder sind gut abgestimmt. Wir waren ein bisschen unsicher, wie sich die längere Nase auf die Richtungsstabilität auswirken würde, aber da gibt’s keinerlei Problem.

RuderRuder
50 Prozent Ruderanteil: Für ihre Wendigkeit um alle Achsen und die leichtgängigen Ruder wurde die Bü 133 berühmt. Noch heute gilt sie als „Stradivari unter den Leichtflugzeugen“

Die Jungmeister liebt Rollen, von schnellen, die in drei Sekunden vollendet sind, bis zu sehr langsamen, die man auf 30 Sekunden ausdehnen kann, aber auch Mehr-Zeiten-Rollen, Rollenkreis, Messerflug und so weiter. Gerissene Rollen sind sehr flink, gut kalkulierbar und sogar einfacher als mit einer Pitts S2A, die ich sonst fliege. Mit ihren beiden gepfeilten Tragflächen ist die Jungmeister wirklich ein „Snap Roller“! Natürlich erzeugt das Flugzeug viel Widerstand, sodass aus dem Horizontalflug mit 220 km/h nach einer halben vertikalen Rolle Schluss ist, wenn man anschließend ohne Höhenverlust weiterfliegen möchte. Kubanische Achten sind allerdings endlos möglich, ohne Höhe zu verlieren. Bei Stall Turns (Hammerheads) darf man erst relativ spät ins Seitenruder treten, sonst entsteht eine Rollbewegung. Die Figur wird übrigens rechtsrum geflogen – der LOM ist ein Linksläufer. Rückenflug macht viel Spaß, auch Steilkurven auf dem Rücken. Außenloops sind möglich, aber da muss man etwas basteln, und eigentlich passt die Figur nicht zur Jungmeister mit ihrem stark tragenden Clark-Y-ähnlichen Profil.

Gut abgestimmt: Bei einem Strömungsabriss lässt sich die Jungmann schnell wieder fangen

Hungert man das Flugzeug aus, reißt die Strömung bei zirka 86 km/h ab. Der Stall kündigt sich an, und die Strömungsverhältnisse sind sofort wieder gesund, wenn man den Knüppel nachlässt. Power on lassen sich mit steil in den Himmel ragender Nase 70 km/h erfliegen, wobei die Maschine im Sackflug gut steuerbar bleibt. Das beeindruckt, ist aber simpel. Beim Trudeln ist die Fluglage ziemlich steil, eine Umdrehung braucht um die zwei Sekunden. Ausleiten, in beide Richtungen, kann man in weniger als einer halben Umdrehung. Auch Rückentrudeln ist einfach. Beim beschleunigten Trudeln kommt dem Piloten entgegen, dass er ziemlich dicht am Schwerpunkt sitzt – so bleibt die Fliehkraft klein, was angenehm ist. Die Flugzeugnase zeigt dabei steiler nach unten als etwa bei einer Pitts. Das ist auf den leichten Holzpropeller zurückzuführen, dessen Kreiselkräfte gering sind.

lange Beinelange Beine
Passt das? Typisch für Bücker-Doppeldecker sind die langen Beine mit viel negativem Federweg. Die Räder hatten aber nie Verkleidungen, sondern höchstens Schutzbleche.

Im Landeanflug kommt man mit ungefähr 120 km/h rein, Slippen ist einfach, auch das Ausrunden. Für Drei-Punkt-Landungen braucht kein Gas stehenzubleiben, der Knüppel ist dabei nicht ganz hinten. Mit Bremseneinsatz steht die Jungmeister nach 200 Metern. Durch die langen Federwege des Fahrwerks, das Öldämpfer hat, rollt sie sowohl auf Gras als auch auf Hartbelagpisten sehr komfortabel. Allerdings kann es passieren, dass sie dabei wie eine Ente zur Seite hängt. Dann muss man cool bleiben und mit einem Lächeln zum Abstellplatz rollen – diese alte Maschine ist ein großartiges Wunder aus einer vergangenen Zeit!

WunderWunder
„Ein großartiges Wunder“: Mit der SP-YBK hat Benoît Dierickx vollendet, was ihrem ursprünglichen Erbauer nicht vergönnt war.

Inzwischen habe ich verstanden, warum die Jungmeister die Stradivari unter den Leichtflugzeugen genannt wird. Man hat mir erzählt, dass sich Curtis Pitts von diesem Muster inspirieren ließ, als er seinen erfolgreichen Doppeldecker entwarf. Vergleichend würde ich sagen, die Pitts ist die Stratocaster unter den Leichtflugzeugen. Welche hätten Sie lieber?

Text & Fotos: Benoît Denet

Technische Daten
  • 1997 – 2006 und 2012 – 2015
  • 6,60 m
  • 11,90 m2
  • 6,45 m
  • 2,25 m
  • ca. 500 kg
  • 695 kg
  • 90 Liter
  • LOM M337/195 PS (mit Kompressor 225 PS, max. 5 min.)
  • Performance Propellers USA, 2-Blatt, fest, Holz, 1,73 m
  • 35 l/h bei 180 km/h
  • ca. 8 m/sec.
  • ca. 120°/sec.
  • ca. 375 km plus 0,5 h Reserve
  • 220 km/h
  • 309 km/h
Schlagwörter
  • Bücker Jungmann
  • Bücker Jungmeister
  • Oldtimerflugzeug
  • Nachbau
  • Reihenmotor
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