Ultraleicht

Breezer-Vergleich: LSA vs. UL

„Mehr Zuladung!“ wollen die Einen – und wählen das LSA. „Weniger Kosten!“ betonen die Anderen – und entscheiden sich fürs UL. Als ob’s sonst keine Unterschiede gäbe. Worin bestehen die Vor- und Nachteile der Breezer-Modelle B600 LSA und B400 UL?

Von Redaktion
Breezer-Vergleich: LSA vs. UL

„Die fliegt in den USA mit 600 Kilo“. So lautet das Mantra von UL-Piloten, die mit dem Verweis auf eine größere Höchstabflugmasse die Überladung ihres Luftsportgeräts rechtfertigen. Dabei beziehen sie sich auf die amerikanische LSA-Klasse, für die zahlreiche europäische UL-Hersteller eine Version mit 600 Kilo MTOM anbieten. Oft wird behauptet, beide Versionen seien technisch identisch: das Luftsportgerät mit 472,5 Kilo MTOM und das Light Sport Aircraft, dessen Gewichtslimit höher liegt. Stimmt die Behauptung, ist das um knapp 130 Kilo überladene UL mit den gleichen Lastreserven und damit genauso sicher unterwegs wie das LSA bei MTOM. Illegal ist die Überladung gleichwohl. Stimmt die Behauptung nicht, geht der UL-Pilot mit seinem überladenen UL auch physikalisch ein hohes Risiko ein.

Breezer Aircraft im schleswig-holsteinischen Bredstedt gehört zu jenen Herstellern leichter Zweisitzer, die sowohl ein LSA als auch ein UL anbieten. Nicht etwa zwei grundverschiedene Konstruktionen, sondern Flugzeuge, die sich äußerlich gleichen wie ein Ei dem anderen. Da liegt die Frage nahe: Was unterscheidet sie? Und: Fliegt „der Breezer“ in den USA mit 600 Kilo? Konstrukteur Ralf Magnussen kommt gleich zur Sache: „Ja, das LSA darf am Start 600 Kilo wiegen, aber es ist ein anderes Luftfahrzeug als das UL“. Es ist eine Maschine, die kurz davor steht, auch in Europa eine Musterzulassung als Light Sport Aircraft zu erhalten. Die Lufttüchtigkeitsanforderungen der EASA für diese Klasse unterscheiden sich zwar von jenen in Nordamerika, beispielsweise dürfen dort keine Verstellpropeller und Einziehfahrwerke verwendet werden, und es gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 120 Knoten CAS im Horizontalflug bei maximaler Dauerleistung des Motors.

Maximum und Minimum: Am Light Sport Aircraft sind Radverkleidungen und Beringer-Bremsen montiert, am Ultraleichtflugzeug schlichtere hydraulische Scheibenbremsen

Doch die Höchstabflugmasse ist dieselbe. 600 Kilo statt 472,5, das bringt 127,5 Kilo mehr Zuladung – theoretisch. Doch wer so rechnet liegt falsch, denn LSA, die auf ULs beruhen, sind fast immer deutlich schwerer. Sie zehren also einen Teil des größeren Gewichtsspielraums durch ihre höhere Masse auf. Woher kommt das Zusatzgewicht? Um für 600 Kilo MTOM die gleiche sichere Last zu gewährleisten wie beim UL für 472,5 Kilo (+4/–2 g), muss die LSA-Zelle stabiler sein. Der Breezer-Konstrukteur geht ins Detail: „Die Gurte des Flügelhauptholms, die aus Winkelprofilen bestehen, sind stärker dimensioniert. Auch die untere Flügelbeplankung ist im Wurzelbereich dicker. Dazu kommt, dass die LSA-Fläche die gleiche ist wie fürs Experimental, unser Bausatzflugzeug in der Echo-Klasse. Das heißt, sie hat mehr Spannweite: 8,73 Meter statt 8,03 Meter. Schon deshalb ist die LSA-Fläche schwerer als die UL-Fläche.“

Den langen Flügel, dessen Spannweite der früheren UL-Version entspricht, hat der Hersteller gewählt, um in den USA die geforderte Stall Speed von 45 Knoten zu schaffen – ohne Landeklappen. Vier Kilo Mehrgewicht verursacht allein die größere Spannweite, der höhere Materialeinsatz schlägt mit zirka zehn Kilo zu Buche. Die LSA-Fläche ist rund 15 Kilo schwerer als die UL-Fläche. Die Landeklappen sind übrigens gleich lang, die Querruder beim UL kürzer. Rollt das LSA also flinker? Oder ist es durch die größere Spannweite träger? Das wollen wir später in der Luft rausfinden. Doch bleiben wir noch kurz beim Gewicht. Es gibt einen weiteren Dimensionierungsunterschied, der dem US-Geschäft geschuldet ist: Vorderer und hinterer Rumpfrücken bestehen beim LSA aus 0,6-Millimeter-Blech, beim UL aus 0,5er. „Die Amis wollen was zum Anfassen“, schmunzelt der Konstrukteur.

Kontrahenten? LSA und UL erfüllen unterschiedliche Pilotenwünsche. Günstig fliegen, in der jeweiligen Klasse, kann man mit beiden Maschinen. Links Breezer-Geschäftsführer Dirk Ketelsen, rechts Mitarbeiter Weinert Franz (Foto: Peter Wolter)

Fertigungstechnisch ergibt sich schließlich noch eine Differenz von 1,5 bis 2 Kilo durch eine Komplettgrundierung der Innenräume beim LSA, während sich die Hohlraumversiegelung beim UL auf die Kontaktstellen der Alustruktur beschränkt. Die Composite-Teile sind identisch: Randbögen an Trag- und Leitwerk, Haubenrahmen, Cowling, Seitenleitwerksflosse und Radverkleidungen. Die Stall Warning des 600-Kilo-Fliegers fällt kaum ins Gewicht. Vorgeschrieben ist sie nicht, aber der nahende Strömungsabriss muss für den LSA-Piloten erkennbar sein. Es genügt zwar, wenn ihm das Flugzeug eindeutige Hinweise gibt, durch Schwingungen, Geräusche oder was auch immer, doch weil sich der Hersteller nicht auf die Wahrnehmung des Piloten verlassen möchte, hat er eine akustische Stallwarnung eingebaut. Vermisst man sie beim UL? Auch das soll der Probeflug zeigen.

Dafür haben wir unter den ultraleichten Modellen die B400 UL gewählt. Es gibt noch zwei weitere UL-Breezer. Die aufs Nötigste reduzierte, besonders leichte B400 Club und eine Schleppversion, doch für den Vergleich mit der B600 LSA wollten wir einen „typischen Breezer“, keine Spezialversion. Die D-MABR ist mit 100-PS-Rotax und Festpropeller ausgestattet; sie hat mechanisch betätigte Klappen und Rundinstrumente. Bei der D-ETDK dominieren große Bildschirminstrumente von Dynon das Panel. Es ist das persönliche Flugzeug von Geschäftsführer Dirk Ketelsen, und der wollte „Glas“. Keine Option, sondern stets Bestandteil des LSA-Pakets sind die elektrisch arbeitenden Landeklappen. Der elektrisch verstellbare Propeller ist in der Ausstattung „Elegence“ enthalten; zur Basis-Ausstattung „Attraction“ gehört dagegen ein am Boden einstellbarer Neuform-Prop.

Unterschiedliche Zuladung: Bei gleichem Platzangebot bietet das LSA mehr Spielraum für Gepäck als das UL

Weil die Zulassung eines europäischen Light Sport Aircraft viel aufwändiger ist als die eines ULs, lohnt es sich für LSA-Hersteller nicht, viele unterschiedliche Konfigurationen zu zertifizieren. UL-Kunden können hingegen bis auf die Tragfläche alles ordern, womit das Breezer-LSA ausgestattet ist und was der Hersteller sonst noch im Programm hat. 80-PS-Triebwerk, Einspritzmotor mit 100 PS, diverse Fest- und Verstellpropeller, Schleppkupplung – bis hin zu luxuriösen Innenraumausstattungen mit hochwertigen Stoffen. Natürlich bringt das alles Gewicht und somit UL-Halter potenziell in Bedrängnis. Doch für die Einhaltung der Gewichtslimits trägt jeder Pilot selbst die Verantwortung; er muss eben die Zuladung entsprechend anpassen. Beim Einsteigen sind die Klassenunterschiede unübersehbar. Dirk Ketelsen hat in seine „Delta Kilo“ alles reingepackt, was Breezer zu bieten hat, auch einen Autopiloten.

Die „Bravo Romeo“ hingegen ist schlichter ausgestattet. Hier betätigt der Pilot die Trimmung per Wippschalter im Panel, beim LSA gibt’s Tasten auf dem Steuerknüppel. Der LSA-Pilot kann die Klappenschalter im Panel bedienen, ohne die Hand vom Gasgriff zu nehmen. Sein UL-Kollege muss einen Hebel auf der Mittelkonsole greifen. Hier ist auch der Handbremshebel mit Parkbremse platziert, während im LSA mit den Fußspitzen gebremst wird. Aber wie gesagt: UL-Kunden, die etwas aus dem LSA-Regal wollen, bekommen es. Komfortabel sind beide Flieger: Bei 1,16 Meter Cockpitbreite kommen die Insassen nicht miteinander ins Gehege. Zwei verstellbare Frischluftdüsen, jeweils außen im Panel, sorgen bei sommerlichen Temperaturen für ein angenehmes Kabinenklima. Eine Heizung ist auch beim UL Standard.

Komfortable Reisemaschine: 190 km/h „cruise“, bis zu 252 Kilo Zuladung, 17 Liter Autosprit pro Stunde und mit Musterzulassung auch im Schulbetrieb einsetzbar – das ist eine Ansage in der LSA-Klasse (Foto: Martin Naß)

Welche Unterschiede zeigen sich im Flug? An einem windigen Maitag starten wir jeweils zu zweit im Cockpit vom Bredstedter Platz, gleich hinter dem Breezer-Firmengelände. Obwohl die Maschinen nicht gleich schwer sind und sich auch aerodynamisch durch zweierlei Spannweite und Flächengröße unterscheiden, hängt im Flug keine die andere ab. Bei 110 bis 120 km/h klettern beide Testmaschinen mit zirka 4,5 Meter pro Sekunde. Im Reiseflug zieht der Festpropeller das UL bei 5000 Umdrehungen pro Minute mit gut 180 km/h durch die Nordseeluft. Die gleiche Geschwindigkeit erreicht das LSA mit Verstellpropeller bei 4600 rpm und 26 inch Ladedruck. Regelt man die Drehzahl auf 5000 rpm ein und erhöht den Ladedruck auf 27 inch, beschleunigt die „Bravo Romeo“ auf 190 km/h. Dabei fließen 17 bis 19 Liter pro Stunde durch die Vergaser.

Bleibt man im Reiseflug knapp unter 180 km/h, lassen sich beide 100-PS-Flieger mit 15 Liter pro Stunde betreiben. Unerheblich ist die um sieben km/h höhere Vne des LSA, viel beruhigender, dass es wie das UL ein (optionales) Rettungssystem hat. Bei der Wendigkeit zeigt sich, dass Masse und Spannweite entscheidender sind als die Größe der Querruder. Das UL rollt schneller als das LSA. Für den 45/45-Grad-Kurvenwechsel braucht die „Bravo Romeo“ weniger als zwei Sekunden, die „Delta Kilo“ eine knappe Sekunde mehr. Die Ruderdrücke unterscheiden sich dabei kaum, gefühlt liegt die schwerere Maschine aber etwas satter in der Luft. Vorbildlich ist bei beiden das Stallverhalten: Der Strömungsabriss kündigt sich durch Schwingungen um die Querachse an. Hält man das Höhenruder weiter gezogen, nickt der Breezer immer heftiger, bis er schließlich die Nase senkt.

Über der Breezer-Heimat: In der Nähe von Bredstedt geht’s gemeinsam an der nordfriesischen Küste entlang

Selbst im Kurvenflug, rechts wie links, ändert sich die Querneigung praktisch nicht. Der Höhenverlust beim Ausleiten bleibt jeweils gering. Besser kann ein Konstrukteur sein Flugzeug kaum für ein Worst-case-Szenario präparieren: Strömungsabriss beim Eindrehen in den Endanflug. Die Geschwindigkeiten, bei denen die Modelle B400 UL und B600 LSA aufhören zu fliegen, unterscheiden sich erwartungsgemäß. Das UL schafft die 65-km-Zulassungshürde mit voll gesetzten Klappen und einer angezeigten Fahrt von 48 km/h; das LSA braucht trotz größerer Fläche (aber auch höherem Gewicht) zirka 10 km/h mehr Speed zum Fliegen. Unsere Landungen bei Seitenwind auf der Bredstedter Piste 19 sind sportlich. Der Endanflug führt durch Verwirbelungen, die von Bäumen verursacht werden. Nützt ja nichts – 110 km/h, volle Klappen und runter.

Am Ende reichen die 420 Meter Bahnlänge allemal, selbst wenn man nicht gleich an der Schwelle den Boden berührt. Erstes Resümee: Es ist fliegerisch so gut wie kein Unterschied auszumachen, der die eine oder andere Version als Sieger oder Verlierer dastehen ließe. Was aber damit zu tun hat, dass auch der ultraleichte Breezer durch solide, saubere Verarbeitung glänzt und nicht als „Rappelkiste“ bekannt ist. Offenkundige Vor- oder Nachteile ergeben sich allein daraus, was die jeweilige Zulassungskategorie hergibt, beziehungsweise was man mit einem Luftfahrzeug vorhat. Will man Flugplätze wie den Dolmar, die Westernstadt Pullman City oder Privatpisten in Italien anfliegen? Dann geht das eben nur mit einem UL – umgekehrt sind einige Verkehrsflugplätze und -häfen nur mit Echo-Zulassung anfliegbar.

Verstell- und Festpropeller: Das LSA wird mit einem verstellbaren oder festen Dreiblattprop ausgeliefert, fürs UL gibt es wahlweise Zwei- oder Dreiblattprops, letztere auch verstellbar (Foto: Peter Wolter)

Der buchstäblich gewichtige Vorteil des LSA ist natürlich die höhere Zuladung, sie liegt beim Basismodell mit vollen Tanks immer noch bei knapp 200 Kilogramm. Das reicht für zwei stattliche Erwachsene und Reisegepäck. Schnödes Zahlenspiel gefällig? Das Plus an Zuladung im Vergleich zum UL-Breezer kostet rund 490 Euro pro Kilo. So viel muss es einem dann schon wert sein. Der Preisunterschied zum UL, lässt man bei Breezer gern durchblicken, ist dem immensen Aufwand bei der Zertifizierung des Musters und des Herstellers als Entwicklungsbetrieb (DOA) und Herstellungsbetrieb (POA) geschuldet. Ein leidiges Thema.

Für Flugschulen dürfte sich ein LSA dennoch rentieren, denn die LAPL- und PPL-Ausbildung mit einem Mogas-tauglichen, sparsamen Echo-Flugzeug ist einfach günstiger als mit einer 30 bis 40 Liter Avgas pro Stunde schluckenden PA-28 oder 172. Für VFR-Nachtflug oder IFR ist die „kleine“ Echo-Klasse allerdings nicht zugelassen. Interesse an der neuen Klasse ist jedenfalls nach wie vor vorhanden. In diesem Jahr werden fünf bis zehn LSA das Werk verlassen, heißt es bei den Nordfriesen.

Text & Fotos: Peter Wolter, Martin Naß; fliegermagazin 7/2015

Technische Daten
Breezer: B600 LSA vs. B400 UL*
  • Breezer Aircraft, Jens-Patent-Weg 1, 25821 Bredstedt, Telefon: 04671/797 91 20, www.breezeraircraft.de
  • 8,73 m (vs. B400 UL: 8,03 m)
  • 11,89 qm (vs. B400 UL: 10,92 qm)
  • 6,75 m (vs. B400 UL: 6,74 m)
  • 2,16m (vs. B400 UL: 2,12 m)
  • 1,16 m
  • ab 348 kg (vs. B400 UL: ab 299,5 kg **)
  • 600 kg (vs. B400 UL: 472,5 kg)
  • 252 kg (vs. B400 UL: 173 kg ***)
  • 76 l
  • Rotax 912 S/100 PS
  • Neuform, 3-Blatt, verstellbar, GfK, 1,70 m (vs. B400 UL: u. a. Helix, 2-Blatt, fest, Composite, 1,75 m; Neuform, 3-Blatt, verstellbar, GfK, 1,70 m)
  • ca. 4,5 m/sec
  • ca. 800 km plus 30 Min. Reserve
  • ab 124 831 Euro (inklusive Rettungssystem) (vs. B400 UL: ab 86 000 Euro)
  • * 100-PS-Version **mit 80 PS: 296,5 kg; Version B400 Club: ab 289,9 kg *** Version B400 Club: max. 182,6 kg
Schlagwörter
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