Ultraleicht

UL-Pilot Report: Skyleader 200

Der Mehrheitsgeschmack stand nicht im Vordergrund bei der Entwicklung dieses ULs, das auf der einstigen Kappa basiert. Durch einen neuen Rumpf mit „richtigem“ Side-by-side-Cockpit hat der Ganzmetall-Tiefdecker aber deutlich gewonnen

Von Peter Wolter
UL-Pilot Report: Skyleader 200

Eine Kappa? Die gibt’s doch schon ewig! Auf einer Messe oder auf Flugplätzen weckt diese Maschine kein großes Interesse bei all jenen, die etwas Neues suchen. Wenn sie nicht richtig hinschauen. Denn was aussieht wie der bekannte tschechische Tiefdecker, ist eine Skyleader 200. Das Gleiche? Nicht ganz, und deshalb stellen wir die Maschine hier vor. Verwirrend sind die Typenbezeichnungen und Namen, die man mit diesem UL verbindet: Als Kappa KP 2U Sova tauchte es 1996 zum ersten Mal auf, produziert von Kappa 77 in Jihlava, 100 Kilometer südöstlich von Prag. Später änderte der Hersteller den Namen in Rapid Master KP/D 2U für die 80-PS-Version und Rapid Mayor KP/D 2U, wenn ein 100-PS-Motor eingebaut war. Als im Jahr 2005 alle Produktionsrechte und -mittel an die Firma Skyleader übergingen, taufte der neue Eigentümer das Muster in Skyleader 150 um und entwickelte es zur „200“ weiter.

Auch die Vertriebspartner in Deutschland haben mehrmals gewechselt. Der heutige ist der vierte. Vom ursprünglichen Management in Tschechien ist nur noch Antonín Píštěk dabei. Der Luftfahrtingenieur war einst beim Staatsbetrieb LET Chefstatiker und -konstrukteur. Von ihm stammen nicht nur alle Skyleader-Zweisitzer, sondern beispielsweise auch der Evektor-Fünfsitzer VUT 100 Cobra (der allerdings nie in Serie ging). Píštěk ist Professor an der Technischen Universität Brünn, wo er zusammen mit Ingenieuren und Studenten in den Neunzigern das Konzept der Kappa entwickelte. Was dabei herauskam, war seinerzeit sensationell: ein UL mit Einziehfahrwerk in Ganzmetallbauweise, aerodynamisch hochwertig und über 200 km/h schnell. Eine Besonderheit, die fürs Image unvorteilhaft war, hatte das Muster aber von Anfang an: Pilot und Passagier saßen nicht nebeneinander, sondern leicht versetzt, der Pilot ein Stück weiter vorn.

„Flieg sie mit Gas bis dicht an den Boden!“

Eigentlich war die Idee gar nicht so blöd, denn wenn man nicht Schulter an Schulter sitzt, kann der Rumpf schlanker sein, was einen widerstandsärmeren Querschnitt ermöglicht – die Kappa war im Kabinenbereich innen nur 0,97 Meter breit. Trotzdem genossen die Insassen praktisch alle Vorteile eines Side-by-side-Cockpits. Doch was zählen Argumente, wenn das Publikum irgendetwas einfach nicht will. Dem Cockpit-Konzept der Kappa haftete stets etwas Defizitäres an – weder saß man richtig nebeneinander noch richtig hintereinander, weshalb die ebenso böse wie falsche Behauptung entstehen konnte, dass es sich eigentlich gar nicht um einen richtigen Zweisitzer handelte. Das hat sich mit der Skyleader 200 geändert. Deren Kabine ist nun so breit, dass die beiden verstellbaren Sitze nebeneinander passen. Unten, an der Flügelwurzel, hat der Rumpf das alte Maß – erst auf Höhe des Haubenrahmens wird die größte Breite erreicht.

Mit 1,10 Metern steht hier zwar nicht so viel Platz zur Verfügung wie in den geräumigsten ULs, aber der alte Makel ist weg. Dennoch gibt es die Maschine nach wie vor mit dem alten Rumpf. Diese Version heißt Skyleader 150. Darüber hinaus werden die LSA-Varianten Skyleader 500 und 600 angeboten (580 und 600 Kilo MTOM), der Einsitzer Skyleader 100 und der freitragende Composite-Hochdecker GP One. Ganz neu und noch nicht auf dem Markt ist die Skyleader 400, ein Ganzmetall-Tiefdecker mit Flügeltüren anstelle einer klappbaren Haube, bei dem äußerlich nichts mehr an die Kappa erinnert. Von all diesen Mustern wird in Deutschland zurzeit nur die „200“ angeboten. Was ist besonders an ihr?

UL-Mooney? Ganzmetallbauweise, Einziehfahrwerk, Verstellprop … Dennoch unterscheiden sich die E- und M-Klasse-Tiefdecker gewaltig, etwa bei der Performance, den Kosten und der Zuladung

Zunächst mal das Design. Die Kabine ist relativ weit vorn, Pilot und Passagier sitzen im Schwerpunkt. Daraus ergibt sich eine kurze, Spitzmaus-artig erscheinende Schnauze. Auch das Fahrwerk ist optisch nicht unbedingt das, was man sich wünscht. Wie die spindeldürren Beinchen eines Insekts, das gerade zum Sprung ansetzt, scheinen die geschleppten Schwingen mit den kleinen Rädern ihrer Aufgabe kaum gewachsen. Diesen eher gewöhnungsbedürftigen Merkmalen steht ein schnittig gestaltetes Leitwerk und ein modernes Flügellayout gegenüber. Und erst der ovale Rumpfquerschnitt! Willy Messerschmitt hätte seine Freude gehabt an dieser hochwertigen Konstruktion aus Spanten und Gurten mit einer tragenden Hülle. Bei welchem Metallrumpf wird in der UL-Klasse so viel Aufwand betrieben? Normalerweise sieht man da rechteckige Kästen, allenfalls mit gerundetem Rücken.

Unkonventionell sind auch die Flaps, eine Mischung aus Spalt- und Wölbklappen mit Fowlereffekt wegen des tiefen Drehpunkts. Eingefahren schließt der hintere Teil ihrer Oberseite einen schmalen Flügelausschnitt und vervollständigt so die Profilkontur. Standard ist eine mechanische Betätigung, „elektrisch“ kostet extra. Gegen Aufpreis sind auch (richtige) Fowlerklappen erhältlich, in Schienen geführt und elektrisch angetrieben. Ein unscheinbares Detail am Heck lässt ebenfalls das technische Niveau der Konstruktion erkennen: Das Seitenruder wird nicht von Seilen angesteuert, sondern wie die anderen Ruder von einer Stange – dehnungsfrei und präzise. Aber wozu die Stange unter der Kanzel? „Daran kannst Du Dich beim Einsteigen festhalten“, sagt Thomas Hofmann, der mir am Flugplatz Landshut seine Maschine zeigt. Der Franke ist Chef des Skyleader-Importeurs Isar Aviation.

Fahrwerkshebel nach oben … drei grüne Lichter, Klappen rein!

Okay, sehr praktisch so eine Stange, genauso wie die Griffe seitlich am Rumpf und die „Steigbügel“ an der Flügelhinterkante, die im Flug horizontal geblasen werden. Aber optisch ist das Vierkantrohr, das ein paar Zentimeter unter der Haube verläuft, ein Hieb mit dem Säbel. Trotzdem halte ich mich daran fest, als ich über die linke Fläche einsteige. Seine primäre Funktion dürfte aber eine Strukturverstärkung bei einem Aufprall sein. „Und wenn ich den Hebel jetzt hochschiebe, liegen wir auf der Schnauze.“ „Nein“, sagt Thomas, als ich den Fahrwerkshebel berühre, „nur wenn Du den Sicherungsgriff nach hinten ziehst, kannst Du den Hebel bewegen.“ Die einzige Besonderheit, die mir sonst noch bis zum Start auffällt, ist die Schwergängigkeit der Bugradlenkung, wenn man gleichzeitig bremst. Landeklappen auf Stellung 1, Zusatzbenzinpumpe an, Propeller per Handkurbel auf flachste Steigung – Vollgas und ab in den bayerischen Himmel.

Fahrwerkshebel nach oben … drei grüne Lichter, Klappen rein – bei 100 km/h erfliegen wir das beste Steigen: zirka fünf Meter pro Sekunde. Für den Reiseflug empfiehlt mir der Musterbetreuer 24 bis 25 Inch Ladedruck. Damit wird bei rund 5000 rpm die höchste Geschwindigkeit erreicht: 170 km/h. Hm, nicht schwindelerregend für ein Flugzeug mit Einziehfahrwerk … Na ja, perfekt eingezogen ist es ja auch nicht, denn die nach hinten geschwenkten Beine ragen sowohl über die Rumpf- als auch über die Flügelkontur raus, die Räder etwa zur Hälfte. Wie beim Zlín Trener oder einigen Yaks. Der Vorteil ist klar: Selbst in eingefahrenem Zustand schützen die Räder die Zelle bei einer Bauchlandung. Andererseits ist der Widerstand größer als bei einem perfekt versteckten Fahrwerk.

Endanflug mit Power: Die Skyleader 200 will an den Boden hingeflogen werden

Bei Vollgas schaffen wir zirka 220 Kilometer pro Stunde. Es gibt ULs, auch aus Metall, die mit gleicher Motorleistung und Festfahrwerk mindestens genauso schnell sind. Beim 45/45-Grad-Kurvenwechsel glänzt die Skyleader 200 ebenfalls nicht mit Topwerten: 2,7 bis 2,9 Sekunden – das geht aber in Ordnung. Ein richtiger Pluspunkt und viel wichtiger ist das ausgewogene Flugverhalten über den gesamten Geschwindigkeitsbereich. Dazu tragen die gut aufeinander abgestimmten Ruderdrücke und Steuerwege bei, die den Piloten nie mit überraschenden Reaktionen konfrontieren und eher an die Echo-Klasse erinnern als an ULs. Man hat das Gefühl, ein schwereres Flugzeug zu steuern, was auf langen Strecken oder in turbulenter Luft sehr entgegenkommend sein kann. Angenehm ist auch der steile Blickwinkel über die Flügelvorderkante nach unten, ermöglicht durch die weit vorn angeordneten Sitze.

Das Panel ist mir in der Mitte aber ein bisschen zu hoch: An dieser Stelle bleiben bei 1,84 Meter Körpergröße nur etwa sechs Zentimeter Luft bis zum Horizont, wenn man waagerecht drüberschaut. Im Anflug zur Landung fahre ich bei 120 km/h die Räder aus (150 wären möglich), bei 100 die Klappen. Sollte die elektrische Betätigung des Fahrwerks ausfallen, behilft sich der Pilot mechanisch mit einer plombengesicherten Kurbel hinten zwischen den Sitzen. Selbst wenn dann die drei grünen Lampen im Panel nicht leuchten, verrät ein mechanisch bewegter Kontrollstift mit grünem Okay-Bereich, ob die Fahrwerksbeine ganz ausgeklappt und verriegelt sind. Für den Endanflug rät mir Thomas full flaps und 95 km/h, keinesfalls weniger: „Flieg sie mit Gas bis dicht an den Boden; sobald Du die Leistung ganz rausnimmst, setzt sie sich sofort.“

Blöderweise reduziere ich das Gas dann doch etwas zu früh – schlagartig ist die Resthöhe dahin und die Landung etwas hart

Blöderweise reduziere ich das Gas dann doch etwas zu früh – schlagartig ist die Resthöhe dahin und die Landung etwas hart. Was mich wundert: Wir springen nicht. Und der Mann neben mir bleibt vollkommen entspannt. Alles was ich bis dahin über das zerbrechlich erscheinende Fahrwerk gedacht habe, verpufft mit dem Landestoß. Die Beine der „200“ sind richtig stabil, und ihre Gummipuffer dämpfen extrem gut.

Das passt zum Gesamteindruck: Die Skyleader 200 spielt ihre Stärken im Gebrauch aus, nicht als Hingucker auf dem Vorfeld. Sie ist ein Techniker-Flugzeug, kein Designer-Flugzeug. Da sieht man hochwertige Lösungen wie das Fahrwerk und die Flaps, aber auch Hässlichkeiten wie die Fahrwerksgestaltung und die außen am Rumpf verlaufenden Hauptseile des Rettungssytems (für die der Hersteller eine Abdeckung plant), es gibt ein elegant gestaltetes Leitwerk und ein klobiges Vierkantrohr mitten durch die Kabine … Durch deren Verbreiterung hat das Muster zwar deutlich gewonnen, seine Exzentrik aber nicht verloren. Das wird allen gefallen, die etwas anderes suchen als ein Mainstream-UL.

fliegermagazin 1/2013

Technische Daten
Skyleader 200
  • 9,90 m
  • 11,85 qm
  • 7,00 m
  • 2,60 m
  • ab 297 kg
  • 472,5 kg
  • 64/94 (optional)
  • Rotax 912/80 PS; optional 912S/100 PS
  • für Rotax 912: Fiti, 3-Blatt, fest, GfK, 1,70 m; für 912S: Sport Prop/Woodcomp, 2-Blatt, mechanisch verstellbar, CfK, 1,70 m
  • ca. 5 m/sec.*
  • 475/750 km bei Vreise (plus 30 Min. Reserve)
  • ab 86 668 Euro**
  • Isar Aviation Ellermühle 84034 Landshut 08765/93 06-0 www.isar-aviation.de
  • * mit Einziehfahrwerk, 100-PS-Motor und Verstellprop ** mit Grundinstrumentierung und Funkgerät Icom A210E, GRS-Rettungssystem, 80-PS-Motor, Festpropeller, Kabinenheizung, Festfahrwerk ohne Radverkleidungen. Aufpreise: 100-PS-Motor 2261 Euro; Verstellpropeller 2499 Euro; Einziehfahrwerk 1666 Euro. Darüber hinaus sind zahlreiche Optionen gegen Aufpreis erhältlich (Cockpitausstattung/Avionik, Antrieb, Hochauftrieb, Beleuchtung ect.). Alle Preise inklusive 19 % Mwst.
Über den Autor
Peter Wolter

Peter Wolter kam vom Drachenfliegen zur motorisierten Luftfahrt und von der Soziologie zum Journalismus. Er steuert ULs sowie E-Klasse-Maschinen und hat sein eigenes UL (eine Tulak) gebaut.

Schlagwörter
  • Ultraleicht
  • Skyleader 100
  • Bugradlenkung
  • Skyleader Importeur
  • Isar Aviation
  • Fowlereffekt
  • Spalt- und Wölbklappen
  • Rumpfquerschnitt
  • geschleppte Schwingen
  • Skyleader 600
  • Skyleader 500
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  • Skyleader
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  • Rapid Master KP/D 2U
  • Kurvenwechsel
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