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Wie fliegt sich die Magnus Fusion 212?

Es ist ein eigenwilliger Mix: Flügel von einem Racer, Rumpf von einem schnellen Reise-UL. Der sportliche Zweisitzer Fusion 212 hat sich eine sehr spezielle Nische gesucht und ist als 600-Kilo-UL zugelassen.

Von Martin Naß
Wie fliegt sich die Magnus Fusion 212?
Hingucker: Die Farbe passt zu den noch schneebedeckten Alpen und dem silbrigen Bodensee. Auch sonst macht der Carbon-Tiefdecker eine gute Figur, am Boden wie in der Luft.

Jetzt die Speed rausziehen?“ „Nö, lass noch, wir haben ja Platz“. Das stimmt. Die 1650 Meter lange Piste von Bremgarten (EDTG) liegt vor uns, und die für mich ungewohnt hohe Geschwindigkeit im Endanflug haben wir bei den vier, fünf Landungen zuvor immer sauber abbauen können. „Du bist Dir sicher? Es sind noch immer 200 km/h?“ „Ja klar.“ Heinz Korella muss es wissen, er ist Vertriebsmann und Musterbetreuer für die Magnus Fusion 212 in Deutschland und der Schweiz.

Auch dieses Mal klappt es, natürlich. Nah ran an den Boden, dann abfangen, die lange Schnauze schön oben halten, und die Fahrtmessernadel geht flink runter – butterweich setzt der Tiefdecker kurz hinter der Schwelle der „05“ auf; auch ohne Klappen, dann bei zirka 100 km/h.

Magnus Fusion 212: Ein Spaßgerät für Sportler

Seit Herbst 2020 hat der flinke Zweisitzer aus Ungarn die deutsche Zulassung als 600-Kilo-UL. Noch bis Mitte Dezember musste Heinz auf seinen Demonstrator warten, der aber nun frisch foliert im Design von Heinz’ Firma Air Profis erstrahlt. Das Warten hat sich gelohnt, denn im Rahmen der Zulassung gab es noch einige Änderungen und Modifikationen, mit denen die Fusion 212 spürbar besser unterwegs ist, als sie es bisher schon war. Und ein agiles Spaßgerät ist sie immer noch.

SchnittigSchnittig
Schnittig: Man sieht der Magnus die aerodynamische Güte an, in der Seitenansicht lässt sich das vollsymmetrische Profil erahnen.

Schon beim Einstieg wird klar, warum es Luftsportgerät heißt – vor allem, weil Heinz bei seinem Demonstrator auf die doch recht klobigen Steigbügel aus kantigem Edelstahl verzichtet hat. Sie sind üblicherweise mit dabei und nun ja, Geschmackssache. Doch auch ohne Trittstufe gelingt es mit leichtem Schwung, von hinten auf den Flügel zu steigen, zumal der stabile Carbon-Rumpf es erlaubt, sich überall festzuhalten und abzustützen. Ein Fuß auf den Tank, der vorn quer im Fußraum eingebaut und mit einem Deckel (ebenfalls aus Carbon) kaschiert ist, dann dreht man sich mehr oder weniger elegant in die Kabine und rutscht in die Sitzschale.

Auf der rechten Seite gewährt ein Ausschnitt in der Tank-Abdeckung den Blick auf eine Skala, an der sich der Spritpegel gut ablesen lässt. Wir haben noch 45 Liter im Tank, halbvoll – das reicht locker für mindestens zweieinhalb Stunden.

Frei Schwenkendes Bugrad: Für präzises manövrieren sollten die Pedale sorgfältig eingestellt werden

Die Sitze bestehen aus zwei separaten Carbonschalen, über die Bezüge gestülpt sind, gut gepolstert und mit Leder, beim Demonstrator farblich abgestimmt auf die Firmenfarben der Air Profis, Grasgrün und Lichtgrau. Man sitzt sehr bequem darin, auch längere Strecken sollten problemlos möglich sein. Verstellbar sind die Sitze nicht, dafür aber lassen sich die Seitenruderpedale an die Beinlänge anpassen. Das geht schnell, sollte aber sorgfältig geschehen, denn das Bugrad ist frei schwenkend, nicht mit dem Seitenruder gekoppelt und muss über den dosierten Einsatz der Fußspitzenbremsen an der Pedalerie gelenkt werden. Die Füße sollten also guten Kontakt zu den Bremspedalen haben.

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Gute Wahl: Als UL ist die Fusion 212 in Deutschland allein mit dem Rotax 912iS erhältlich. Bild: Martin Naß

Letzter Check am Rollhalt, statt der Zündkreisläufe beim Vergaser schaltet man beim Rotax 912iS halt die beiden sogenannten Lanes abwechselnd ab und schaut, ob und wie die Drehzahl abfällt. Den Verstellprop regeln wir auf 5500 rpm, die serienmäßig elektrisch fahrenden Klappen stellen wir auf die erste Stufe. Beim Aufrollen achte ich darauf, das Bugrad wirklich geradeaus zu haben, bevor ich Vollgas gebe.

Fokus auf dem Fahrtmesser: Beim Start drückt man den Knüppel sachte an

Druckvoll beschleunigt die Fusion, die Propellereffekte sind ausgeprägt, aber nicht aufdringlich: leicht rechtes Seitenruder dagegenhalten, und alles ist gut. Aufmerksamkeit verlangt aber der Fahrtmesser, wie mir Heinz vorab erläutert hat: „Aus dem Bodeneffekt mit 100 km/h und gesetzten Klappen einfach wegsteigen, das geht mit der Fusion nicht.“

Bahn freiBahn frei
Bahn frei! Die Fusion 212 will mit Speed gestartet und gelandet werden.

Stattdessen drückt man den Knüppel nach dem Abheben sachte an, um die Flugzeugnase runter- und Fahrt aufzunehmen, bis etwa 140 km/h. Erst dann zieht man den Stick ran, und so zischt die Fusion mit uns in den Himmel, mit einer Steigrate von fünf bis sechs Metern pro Sekunde. Dafür haben wir 150 bis 170 Meter gebraucht. Spinnt man diesen Gedanken weiter, fällt auf: Es könnte schwierig werden, mit einem 600-Kilo-UL wie der Fusion von kurzen Pisten mit Hindernissen im Abflugsektor wieder rauszustarten.

Kritische Sache: Die Schalter für die Spritpumpen sind dicht neben den anderen angebracht

Die Klappen dürfen bis 159 km/h gefahren werden; Heinz rät mir, sie schon im Wegsteigen wieder einzufahren. Gesagt, getan: Zu spüren ist davon nichts, kein Durchsacken, kein Nicken. Im Steigflug bemerke ich die aus meiner Sicht einzige wirklich kritische Sache an der Fusion 212: die beiden Schalter für die Benzinpumpen. Sie sind in einer Reihe mit anderen Kippschaltern montiert, gleich neben denen für Lane A und Lane B und dem Avionik-Hauptschalter. Das Problem: Hat man sich angewöhnt, die Zusatzpumpe nach dem Start abzuschalten, könnte es passieren (und ich kenne mich), dass man aus Versehen beide Schalter betätigt.

SpritpumpeSpritpumpe
Vorsicht, Falle! Sobald beide Spritpumpen aus sind, steht der Motor. Eine Abdeckung wie rechts zu sehen (rote Kappe) wäre eine einfache Lösung.

Die Folge wäre, dass er Rotax 912iS ohne große Verzögerung ausgeht – das möchte man kurz nach dem Start nicht erleben. Erstaunlich, dass wenige Schalter weiter der Switch für die Backup-Batterie eine Schutzkappe hat, die man erst wegklappen muss. Warum nicht auch bei wenigstens einer der beiden Spritpumpen? Das wäre eine einfache Lösung – oder man gewöhnt es sich ab, eine der Pumpen abzuschalten und lässt einfach beide laufen.

Vollsysmetrisches Profil: Auch bei starken Thermikstößen bleibt die Fusion ruhig

Wir steigen auf 3000 Fuß und fliegen den Rhein abwärts in Richtung Kaiserstuhl. Es ist ungefähr Mittag, und es hat sich eine ordentliche Thermik entwickelt, weshalb wir das Langsam- und Schnellfliegen auf einen zweiten Flug am Abend verschieben wollen. Erstaunlich: Wir spüren die unruhige Luft, doch hätte ich deutlich mehr Schüttelei erwartet. Stattdessen fliegen wir einigermaßen ruhig über das Markgräflerland dahin – anscheinend ein Vorzug des vollsymmetrischen Profils, das weniger empfindlich auf Thermikstöße reagiert. Daran könnte man sich glatt gewöhnen. Wir bleiben bei Geschwindigkeiten, die nicht sonderlich über den grünen Bogen des Fahrtmessers hinausgehen,  laut Kennblatt wäre das bis 218 km/h.

ReisemaschineReisemaschine
Wohin soll’s gehen? Auch als schnelle Reisemaschine ist die Fusion 212 gut geeignet, 20 Kilo Gepäck passen ins Fach hinter den Sitzen.

Der Constant-Speed-Propeller hält eine Drehzahl von 5000 rpm, mit dem Gashebel stellen wir den Ladedruck auf 25 bis 26 inch – so brummt die Fusion flott mit 220 bis 230 km/h dahin. Die Anzeige auf dem zehnzölligen Dynon pegelt sich bei einem Spritverbrauch von 18 Litern ein – nicht schlecht! Abends hat die Thermik zwar nachgelassen, doch bläst der Wind immer noch böig, und so belassen wir es für heute und jagen nicht weiter der möglichen Topspeed hinterher.

Fein ausbalancierte Ruder: kleine Bewegungen reichen aus

Die Steuerkräfte am Knüppel empfinde ich als sehr harmonisch, Nick- und Rollbewegungen brauchen gleich viel Kraft, das UL dreht sehr flink um diese beiden Achsen, kleine Bewegungen reichen aus. Im Vergleich zum Demonstrator, den Heinz am „Magnus Day“ im Sommer 2019 zum Probefliegen bei sich hatte (fliegermagazin #10.2019), hat sich allerdings einiges verändert, etwa an den Querrudern und vor allem am Leitwerk: Hier hat die Höhenflosse an beiden Seiten etwa 20 Zentimeter mehr Spannweite bekommen, dafür sind die Ruderausgleiche an den Enden des getrennten Höhenruders deutlich schmaler geworden und jetzt nur noch ein Viertel so dick. An Unter- und Oberseite der Hinterkanten sind Winkelleisten befestigt, die vier, fünf Millimeter in den Luftstrom ragen – wie Gurney Flaps –, und auch diese Aufdickung der Hinterkante hat das vorher nervöse Höhenruder beruhigt. Beim Seitenruder ist der üppige Ruderausgleich oben ganz verschwunden.

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Austariert: Die Ausgleiche an den Querrudern haben bei der fertig zugelassenen Fusion jetzt ein Masse-Inlay, vorher wirkten sie nur aerodynamisch.

Gleich groß geblieben sind die Ruderausgleiche an den Querrudern, doch haben sie jetzt Gewichte im Inneren, was das Rückstellmoment verringert. „Bei der Abnahme durch den DULV hat Günther Spitzer ganze Arbeit geleistet“, erzählt Heinz, dem die Änderungen zur Vorgängerin gleich aufgefallen sind. „Auch wenn Du das Höhenruder vermeintlich stillgehalten hast, ging die Fusion vorher in eine Art Flippermodus, wellenartig auf und ab. Das ist komplett weg, sie fliegt sauber um alle Achsen.“

Fliegen über den Anstellwinkel: Die Klappen kann man bei Bedarf setzen

Zurück in der Platzrunde. „Lass die Geschwindigkeit bei 140 stehen, die Klappen setzen wir nach Bedarf, beim ersten Mal vielleicht gar nicht.“ So düsen wir zur Schwelle, und Heinz demonstriert, was er damit meinte, die Magnus sei allein über den Anstellwinkel zu fliegen. Wir nähern uns mit knapp 140 km/h bis etwa 100 Meter der Schwelle an und fangen ab. Ohne wieder wegzusteigen, baut die Fusion rasch Speed ab, dabei ziehe ich den Knüppel stetig zu mir. Bei knapp über 100 km/h berühren die Räder des Fahrwerks sanft den Boden.

KinderspielKinderspiel
Gewusst wie: Landungen sind mit der Fusion ein Kinderspiel, doch der schnelle Anflug will gelernt sein – eine Einweisung ist dringend zu empfehlen.

Beim nächsten Mal kommen wir mit viel Höhenüberschuss in den Endanflug, setzen die Klappen auf die dritte Stufe und sinken mit acht bis neun Metern pro Sekunde – irre. Vor Erreichen der Schwelle beenden wir den Fahrstuhlmodus durch Abfangen, dann schweben wir auf der Piste aus, bis die Fusion bei zirka 85 km/h Indicated Air Speed nicht mehr fliegen möchte.

Praktikable Lösung: Es gibt nur ein Panel für alle Ausstattungsvarianten

Der dritte Landeanflug wird eher klassisch, Klappen auf zweiter Stufe; beim vierten oder fünften Mal wechseln wir rüber zur Graspiste von EDTG. Auch hier zeigt die Magnus keine Schwächen. Beton, Asphalt, Gras – egal, das Fahrwerk schluckt alles weg.

Zeit für einen Blick auf weitere Details und das Interieur. Beim Panel hat sich Magnus Aircraft für eine praktikable Lösung entschieden, es gibt offenbar nur eine Version für alle Ausstattungsvarianten. Das erleichtert ganz sicher die Produktion, verlangt aber vom Kunden, auf Blindstopfen und -deckel zu schauen für Sicherungen, Schalter und Einbaumöglichkeiten, die man nicht bestellt hat oder die für ein deutsches UL nicht erhältlich sind. Kurioserweise sind die für diverse Geräte und Schalter vorgesehenen Positionen komplett beschriftet – damit kann man leben, aber ob man es will? Als Käufer würde ich mir vom Hersteller eine andere Lösung wünschen.

Luxuriöse Grundausstattung: Der Innenraum der Fusion ist mit Leder überzogen

Auf der anderen Seite ist schon die Grundausstattung luxuriös, Cockpitwände und auch die Fläche über dem Instrumentenbrett sind mit Leder bezogen, die Sitzbezüge machen die Carbonschalen wirklich komfortabel. Das Gepäckfach hinter den Sitzen ist großzügig dimensioniert, es darf mit 20 Kilogramm beladen werden. Die Sitzposition ist sportlich-liegend, mit meinen bescheidenen 1,75 Metern ist noch Luft bis zum Kabinendach, das einen auflaminierten oder -lackierten Sonnenschutz trägt.

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Die Sicht voraus könnte besser sein, ich würde mir in jedem Fall ein Sitzkissen unterlegen. Bei zwei, drei Landeanflügen konnte ich bei hohem Anstellwinkel die Piste über die aufragende Flugzeugnase nicht im Blick behalten, ohne mich aus dem Sitz zu stemmen. Mit etwas mehr Routine würde mir dafür der Blick zur Seite nach unten reichen, gut möglich. Und die Magnus Fusion 212 ist bei weitem nicht das einzige UL, bei dem ich mir ein weniger hoch aufragendes Panel wünschte. Ich möchte nicht auf Displays gucken, sondern nach draußen!

Wunschkonzert: Bei der Avionik hat man viel Auswahl

Was die Avionik betrifft, bietet der ungarische Hersteller eine große Vielfalt, die kaum Wünsche offen lässt. Zur Wahl stehen analoge Instrumente, Glascockpits von Dynon und Garmin (Skyview Basic oder HDX beziehungsweise G3X Touch) sowie Funk und Transponder von Dynon, die sich auch über die Zehnzöller bedienen lassen – oder man wählt separate Geräte anderer Hersteller.

InnenraumInnenraum
Großzügig: Das Panel bietet Platz genug für die gewünschte Avionik, doch auf manche dann leeren Ausschnitte ließe sich verzichten.

Über die Magnus-Website lässt sich mit wenigen Klicks die Wunschmaschine konfigurieren, auch wenn einige der genannten Optionen nicht für Deutschland in Frage kommen. Bemerkenswert sind auch die verschiedenen maßgeschneiderten Schutzhüllen, die Kanzel, Kanzel und Cowling oder das gesamte UL abdecken, wahlweise für den Gebrauch draußen oder in einer Halle.

Gewöhnungsbedürftige Eigenschaften: Eine gründliche Einweisung wird empfohlen

Mein Gesamteindruck der Magnus Fusion 212 ist positiv: Es macht großen Spaß, den flotten Tiefdecker zu bewegen, doch er hat vor allem dank des vollsymmetrischen Profils Eigenschaften, an die man sich gewöhnen muss. Ich würde eine gründliche Einweisung empfehlen. Landen auch auf kurzen Graspisten dürfte dann kein Thema sein – aber beim Abflug mit voller Zuladung sollten am Ende einer 350-Meter-Bahn besser keine Bäume in den Himmel ragen. Positiv ist der Preis für den Sportler, er liegt bei zirka 121 500 Euro netto inklusive Rettung, Funk und Transponder – nicht schlecht für ein Highperformance-UL mit Wurzeln im Rennsport.

Text: Martin Naß, Fotos: Samy Kramer, Martin Naß (2021)

Technische Daten
  • 8,33 m
  • 10,59 m2
  • 6,62 m
  • 2,40 m
  • 1,17m
  • 384 kg
  • 90 l (85 l ausfliegbar)
  • Rotax 912iS Sport / 100 PS
  • Woodcomp, 3-Blatt, elek- trisch verstellbar, CfK, 1,72 m
  • ab 121 500 Euro (netto; Stand 2021)
  • Air Profis, Heinz Korella, Freiburger Straße 11a, 79427 Eschbach
  • https://magnusaircraft.com und http://air-profis.de
  • ca. 225 km/h TAS (D-MOIK)
  • 275 km/h
Über den Autor
Martin Naß

Martin Naß war bis Ende 2021 Redakteur des fliegermagazins und dort auf UL-Themen spezialisiert.

Schlagwörter
  • Magnus Fusion
  • Magnus Fusion 212
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